Berlin (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel befürchtet bei den vom Koalitionspartner SPD forcierten Gesetzesvorhaben für Lieferketten und für Arbeit im Homeoffice Nachteile für die Wirtschaft.

Bei einer Videokonferenz mit dem Arbeitgeber-Spitzenverband BDA dämpfte die CDU-Politikerin damit am Donnerstag die Aussichten auf eine rasche Einigung in der großen Koalition. "Hierzu müssen Gespräche weiter geführt werden, damit es auch gelingt, Lösungen zu finden, die der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht schaden", sagte Merkel. SPD-Vizefraktionschefin Katja Mast forderte die Kanzlerin daraufhin auf, nicht nur zu sagen, was nicht gehe.

"Die SPD will gestalten, nicht verwalten", sagte Mast der Nachrichtenagentur Reuters. Mit dem Gesetz für Homeoffice solle Menschen der Rücken gestärkt werden, die mobil arbeiten wollten und wo es im Betrieb gehe. "Gute Arbeit darf an der Haustür nicht haltmachen, ebenso wenig an Landesgrenzen", fügte Mast hinzu. "Ausbeutung gegenüber Mensch und Umwelt gehört geächtet weltweit. Deshalb brauchen wir ein Lieferkettengesetz." Die SPD habe dafür die Unterstützung etlicher Unternehmen.

Merkel sagte, sie wolle durch einen Rechtsanspruch auf Homeoffice durch digitales Arbeiten gewonnene neue Flexibilität nicht erschweren. Vor allem lehne sie ab, dass Arbeitgeber in "Begründungspflichten" kämen. "Mir wäre es lieber, man würde das (...) über Tarifverträge so weit wie möglich regeln."

Die Äußerungen betreffen zwei Projekte von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die die Wirtschaft kritisch sieht. Dieser hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf 24 Tage pro Jahr im Homeoffice haben sollten, sofern ihre Tätigkeit dies zulasse. Davon war er nach Kritik aus der Wirtschaft und vom Koalitionspartner Union abgerückt. Ziel bleibe es aber, einen Rahmen für mobile Arbeit zu schaffen. Mit dem auch von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) unterstützten Lieferkettengesetz sollen Firmen per Gesetz zum Schutz der Menschenrechte bei ihren Lieferanten im Ausland verpflichtet werden. Die Verhandlungen, an denen auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beteiligt ist, kommen jedoch seit Wochen kaum voran.