Berlin (Reuters) - Nach heftiger Unions-Kritik an seinem Vorstoß für eine Reform der Schuldenbremse hat Kanzleramtschef Helge Braun betont, dass er die Regelung nicht infrage stellt.

"Es war sicher nicht meine Absicht, eine allgemeine Debatte zur Schuldenbremse auszulösen", sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Ihm sei es darum gegangen, wie man nach der Corona-Pandemie die Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt verbindlicher mit einer Notfallklausel sichern könne. Es wolle gerade nicht die Schuldenregel an sich infrage stellen. Wichtig sei in der Nach-Corona-Zeit auch, die Steuern nicht zu erhöhen, die Sozialabgaben stabil zu halten und stark auf Innovationen und Digitalisierung zu setzen. Die Rating-Agentur Scope betonte, dass ein vorübergehendes Aussetzen der Schuldenbremse nichts an der Bonität Deutschlands ändern würde.

Braun hatte am Dienstag vorgeschlagen, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Jahren auszusetzen. "Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten", schrieb er in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt". Während Braun Zustimmung von Grünen und aus der SPD bekam, lehnten die Spitzen von CDU und CSU eine Debatte über Veränderungen an der Schuldenbremse ab, mit der die jährliche Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird. Der Bundestag hatte die Regelung für die Haushalte 2020 und 2021 wegen der hohen Sonderausgaben in der Corona-Pandemie ausgesetzt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte am Dienstag, dass dies wohl auch für den Haushalt 2022 nötig sein werde.

"Wenn durch zusätzliche zielgerichtete Investitionen das derzeit sehr schwache Wachstumspotenzial erhöht wird, könnte das temporäre Aussetzen der Schuldenbremse mittelfristig stabilisierend auf die Schuldenquote wirken", sagte der Analyst Bernd Bartels von der Ratingagentur Scope zu Reuters. "Zusätzliche Ausgaben für höhere Transfers oder fortgesetzte Subventionen für Industrien hingegen würden die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte belasten."

Der ZEW-Ökonom Sebastian Blesse verwies darauf, eine ZEW-Umfrage habe ergeben, dass 68 Prozent aller befragten Landespolitiker nach der Krise eine Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt befürworteten. Allerdings plädierten 56 Prozent der Landespolitiker dafür, die Schuldenbremse mit einer Investitionsklausel zu ergänzen. Diese würde zum Beispiel zusätzliche schuldenfinanzierte Investitionen in die Infrastruktur erlauben.