Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Inflation und steigende Anleiherenditen waren in den vergangenen Wochen das Thema an den Finanzmärkten und das dürfte auch in der Woche so bleiben. Veröffentlicht werden Verbraucherpreisdaten aus Deutschland, Italien und dem Euroraum, und Analysten erwarten zumindest für den Euroraum einen weiteren Inflationsanstieg. Mit Blick auf die Inflationsaussichten ist auch die Entscheidung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und ihrer Verbündeten (Opec+) von Belang. Am Ende der Woche stehen der US-Arbeitsmarktbericht und die Auftragseingänge der deutschen Industrie im Fokus.

An den Finanzmärkten geht derzeit die Angst vor der Inflation um. Umgetrieben von der Aussicht auf ein sehr großes weiteres Konjunkturpaket der US-Administration und Anzeichen für sich aufhellende Wachstumsaussichten trennen sich Investoren wegen der zunehmenden Risiken einer weniger kursfreundlichen Geldpolitik von Staatsanleihen. Das lässt deren Renditen steigen, was zusammen mit unerwartet deutlich steigenden Inflationsraten weitere Investoren ins Grübeln bringt.


   Volkswirte erwarten leichten Anstieg der Euroraum-Inflation 

Am Dienstag (11.00 Ihr) veröffentlicht Eurostat eine erste Schätzung zur Entwicklung der Verbraucherpreise im Euroraum. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Anstieg der Inflationsrate auf 1,0 (Januar: 0,9) Prozent, zugleich aber einen Rückgang der Kerninflation (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) auf 1,0 (1,4) Prozent. Analysten weisen aber darauf hin, dass diese Zahlen wahrscheinlich nicht das tatsächliche Inflationsgeschehen spiegeln.

Ein ungewöhnlich hoher Anteil der Preise kann nicht gemessen werden und wird deshalb geschätzt. Für einige Posten des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) existiert gar kein Preis, weil sie nicht angeboten werden. Dass es sich dabei um potenziell wichtige Komponenten wie Pauschalreisen handelt, macht die Sache nicht besser.

So resultierte der überraschend starke Inflationsanstieg im Januar maßgeblich auf einem scheinbaren jährlichen Anstieg der Pauschalreisepreise. Für die war der saisonübliche starke monatliche Rückgang unterstellt worden. Weil Eurostat aber das Gewicht dieses Postens im Kettenindex HVPI wegen der coronabedingt reduzierten Reisetätigkeit im Januar stark verringert hatte, stand ein hoch gewichteter Preisrückgang 2020 einem gering gewichteten im Januar 2021 gegenüber. Folge war ein rechnerisch höherer Inflationsbeitrag.


   Deutscher HVPI stark von Pauschalreisepreisen beeinflusst 

Im Februar sollte sich die Wirkung dieses Effekts umgedreht haben, weil ein hoch gewichteter Preisanstieg im Vorjahr einen niedrig gewichteten 2021 gegenüber steht. Einen deutlichen Hinweis auf diese Entwicklung sollte bereits am Montag (14.00 Uhr) der deutsche HVPI liefern. Volkswirt rechnen hier aufgrund dieses Effekts sogar mit einem Rückgang der Jahresteuerung auf 1,5 (1,6) Prozent. Italienische Preisdaten kommen ebenfalls am Montag (11.00 Uhr).

Deutlich inflationstreibend haben zuletzt die Energiepreise gewirkt, weshalb am Donnerstag die Verhandlungen der Opec und ihrer von Russland angeführten Verbündeten (Opec+) über die künftige Förderpolitik im Fokus stehen werden. Eine von vielen Beobachtern wegen des jüngsten Preisanstiegs erwartete Ausweitung der Förderung würde möglicherweise die aktuelle Inflationsdynamik dämpfen und damit den Ängsten vor einer Straffung der Geldpolitik die Spitze nehmen.


   EZB informiert über Anleihekäufe in Zeiten steigender Renditen 

Mit Blick auf die Renditen ist der Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Anleihekäufe im Februar (Montag, 15.45 Uhr) interessant. Verschiedene EZB-Vertreter hatten zuletzt betont, dass eine verfrühte Straffung der Finanzierungsbedingungen - für die Renditen ein Maß sind - unerwünscht sei. Analysten werden sehen wollen, ob die EZB ihren Worten auch Taten folgen ließ und die Käufe erhöhte.

Zudem werden EZB-Offizielle in der Woche wieder reichlich Gelegenheit haben, sich zu diesem Thema zu äußern - unter anderem EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Montag (17.10 Uhr) und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann am Mittwoch (11.00 Uhr).


   Deutsche Auftragseingänge steigen im Januar 

Mit zwei konjunkturellen Hochkarätern, den deutschen Auftragseingängen und dem US-Arbeitsmarktbericht, endet die Woche. Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte im Januar nach dem Rücksetzer Ende 2020 wieder gestiegen sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte rechnen mit einem Anstieg gegenüber dem Vormonat um 0,5 Prozent. Eine solche Entwicklung - der achte Auftragsanstieg in neun Monaten - würde die Erwartung stützen, dass auch die Produktion zu Jahresbeginn gestiegen ist. Einen entscheidenden Hinweis hierauf dürften die zeitgleich anstehenden Daten zum Umsatz im verarbeitenden Gewerbe geben.


   US-Arbeitsmarkt setzt moderate Erholung fort 

Der US-Arbeitsmarkt dürfte im Februar seine moderate Erholung fortgesetzt haben. Ökonomen rechnen mit einem Zuwachs von rund 120.000 Stellen. Im Januar hatte es ein Plus von 49.000 Jobs gegeben, nach einem Verlust von 227.000 Stellen im Dezember. Zuletzt waren die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stark gefallen, das jüngste Zeichen dafür, dass eine Erholung im Gang ist, die aber langsam und unstetig verläuft.

(Mitarbeit: Andreas Plecko)

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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(END) Dow Jones Newswires

February 26, 2021 10:02 ET (15:02 GMT)