Von Hans Bentzien und Andreas Plecko

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Optimismus in den deutschen Unternehmen dürfte im September erneut etwas nachgelassen haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten einen Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex auf 98,5 (August: 99,4) Punkte, wobei der Index der Geschäftslagebeurteilung auf 101,8 (101,4) Punkte gestiegen sein dürfte, der Index der Geschäftserwartungen aber auf 96,4 (97,5) Punkte gefallen. Das Ifo-Institut veröffentlicht die Daten am Freitag (10.00 Uhr).

Zwei Faktoren könnten das Ifo-Geschäftsklima belastet haben. Erstens: Die Industrie hat zwar volle Auftragsbücher, doch gelingt es ihr nicht, diese Aufträge rasch abzuarbeiten. Der Mangel an Vormaterialien bremst die Aktivität, die Produktion ist in den ersten beiden Quartalen des Jahres gegenüber dem vierten Quartal 2020 gesunken. Zweitens: Das Aufkommen der Delta-Variante des Coronavirus lässt im Dienstleistungssektor die Befürchtung aufkommen, dass sich die Menschen erneut in die eigenen vier Wände zurückziehen könnten. Noch schlimmer wären neue staatliche Maßnahmen.

Die deutsche Wirtschaft hat sich bereits deutlich von den Folgen der Corona-Pandemie erholt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im zweiten Quartal 2021 nach fünf negativen Quartalen in Folge um knapp 10 Prozent über dem Niveau des Vorjahresquartals. Gegenüber dem vierten Quartal 2019 ergab sich aber immer noch ein Minus von gut 3 Prozent.


   Fed arbeitet an Tapering im November 

In der Woche steht eine ganze Flut geldpolitischer Entscheidungen an, von denen die der US-Notenbank die wichtigste ist. Die Fed dürfte ihren Leitzins unverändert lassen und zunächst auch noch das monatliche Volumen ihrer Anleihekäufe von 120 Milliarden US-Dollar. Allerdings erwarten Analysten, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) darüber diskutieren wird, ab wann und wie schnell diese Käufe reduziert werden könnten.

In jüngsten Interviews haben viele Fed-Offizielle gesagt, dass sie in diesem Jahr mit dem sogenannten Tapering beginnen wollen. Einige von ihnen haben sich dafür ausgesprochen, die Käufe in regelmäßigen Schritten zu reduzieren, so dass sie Mitte 2022 beendet wären. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Tapering-Ankündigung schon bei der anstehenden Sitzung geschieht, aber Fed-Chef Jerome Powell könnte diese Zusammenkunft nutzen, um zu signalisieren, dass der Prozess wahrscheinlich bei der nächsten Sitzung am 2. und 3. November beginnen wird.

Die Fed wird ihre geldpolitischen Entscheidungen am Mittwoch (20.00 Uhr) veröffentlichen. Die Pressekonferenz mit Powell beginnt um 20.30 Uhr.


   Bank of Japan dürfte BIP-Prognose senken 

Auch die Bank of Japan (BoJ) dürfte ihre Geldpolitik bestätigen, aber vermutlich die Prognose zum Wirtschaftswachstum senken, da die Corona-Infektionen steigen und Japan weiter in einem Ausnahmezustand verharrt. Der Einlagenzins liegt bei minus 0,10 Prozent, die Zielrendite für zehnjährige Staatsanleihen bei 0 Prozent. Im Juli hatte die BoJ für 2021 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,8 Prozent prognostiziert, was leicht unter ihrer Prognose vom April von 4,0 Prozent lag. Die Zinsentscheidung wird am frühen Mittwochmorgen bekannt gemacht.

Laut BNP Paribas könnte das Ergebnis der internen Wahlen zum Vorsitzenden der japanischen Regierungspartei wichtige Auswirkungen für die Politik der BoJ haben. Demnach dürfte die expansive Fiskal- und Geldpolitik wahrscheinlich bis zum Ende der Pandemie fortgesetzt werden. Doch könnte die von einem neuen Premierminister geführte Regierung durchaus gemeinsam mit der BoJ prüfen, ob das Inflationsziel von 2 Prozent weiter Bestand haben soll.


   Bank of England gerät in schwierige Lage 

Die Bank of England (BoE) wird ihre Geldpolitik gleichfalls bestätigen, auch wenn sie wegen der hohen Inflation langsam in Bedrängnis gerät. Die Inflation in Großbritannien ist deutlich über die Niveaus hinausgeschossen, die der Markt und die BoE zu Beginn des Jahres erwartet hatten. Im August waren die Verbraucherpreise um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, die höchste Rate seit fast zehn Jahren. Die BoE peilt eine Inflationsrate von 2 Prozent an.

Während die Preise und Löhne steigen, wächst die Wirtschaft schwächer als erwartet. Dieser Anflug von Stagflation bringt die BoE in eine schwierige Lage. Vor dem Hintergrund eines unsicheren Winters mit steigenden Infektionen und sich verschärfenden Versorgungsproblemen muss die BoE möglicherweise ein schnelleres Tempo der geldpolitischen Normalisierung signalisieren, ohne die bereits nervösen Märkte zu verschrecken. Die erste Zinserhöhung könnte bereits im Mai 2022 erfolgen.

Weitere geldpolitische Entscheidungen kommen von der schwedischen Riksbank (Dienstag, 9.30 Uhr) und der Norges Bank (Donnerstag, 10.00 Uhr). Die People's Bank of China setzt am Mittwoch (3.30 Uhr) ihre Zinssätze für ein- und fünfjährige Kredite fest.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/apo/kla

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September 20, 2021 01:00 ET (05:00 GMT)