Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat inmitten von Finanzmarktturbulenzen die Stirn besessen, ihren geldpolitischen Kurs nicht zu ändern - nun wird man sehen, wozu die Fed in der Lage ist. Volkswirte erwarten, dass der Offenmarktausschuss FOMC den Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,50 bis 4,75 Prozent anheben wird. Das sind 25 weniger als noch vor kurzem erwartet, aber 25 mehr, als so mancher Banker wohl hofft.

Zudem werden neue Makro- und Zinsprognosen der FOMC-Mitglieder veröffentlicht, und Fed-Chairman Jerome Powell wird in einer Pressekonferenz darstellen, wie das Gremium die Belange der Finanzstabilität und das Streben nach Preisstabilität gegeneinander abgewogen hat. Darüber hinaus warten in der Woche fünf weitere Leitzinsentscheidungen, mehrere Reden von EZB-Offiziellen und Einkaufsmanagerindizes für März.


   SVB-Insolvenz zeigt auch Wirkung der Geldpolitik 

Die beispiellose Straffung der Geldpolitik hat in Gestalt von Silicon Valley Bank (SVB) und Credit Suisse ihre ersten Opfer gefunden. Nicht dass die Geldpolitik etwas falsch gemacht hätte - sie hat getan, was sie tun musste. Aber obwohl die Probleme dieser beiden Institute hausgemacht sind, zeigen sie doch, wie die Geldpolitik auf Bankbilanzen wirkt: Die Assets der Institute verlieren wegen der Zinserhöhungen an Wert. Gleichzeitig müssen die Banken Einlagenzinsen zahlen und manche verlieren - aus unterschiedlichen Gründen - Einlagen.

Die Fed, die ihre Zinsen schon weiter angehoben hat als die Europäische Zentralbank (EZB), hat ein elegantes Instrument entworfen, das die so entstehenden Liquiditätsprobleme des Bankensektors lösen soll. Banken erhalten über das Bank Term Funding Program (BTFP) Kredite von bis zu einem Jahr, wenn sie der Regulierung der Einlagensicherung FDIC unterliegen. Als Sicherheit akzeptiert die Fed Staats- und Hypothekenanleihen, und zwar ohne Bewertungsabschlag. Damit ist den Anforderungen der Finanzstabilität zunächst genüge getan und die Fed hat die Hand frei für Zinserhöhungen.


   SVB-Insolvenz kann Kreditvergabe und Inflation bremsen 

Allerdings muss die Fed nicht nur auf Finanzstabilität achten. Die Verunsicherung der Banken wird höchstwahrscheinlich auch zu strengeren Kreditstandards, einer geringeren Kreditvergabe und höheren Zinsen führen. All das wirkt sich über die Zeit auch auf Wachstum und Inflation aus und fließt daher in die Überlegungen der FOMC-Mitglieder ein. Vor der SVB-Insolvenz hatte Powell die Märkte auf eine "große" Zinsanhebung um 50 Basispunkte eingestimmt. Es ist gut möglich, dass daraus jetzt 25 werden - zumindest erwarten Ökonomen das, und das CME FedWatch Tool preist einen solchen Schritt zu 73 Prozent ein.

Die EZB-Zinsentscheidung hat aber gezeigt, dass sich Zentralbanker auch über Markterwartungen hinwegsetzen können. Die Fed tut so etwas bekanntermaßen ungern. Wollte sie die Markterwartungen korrigieren, würde sie das wohl auf dem üblichen Weg - einem Tip an Journalisten - tun. Die Fed macht ihre Zinsentscheidung und die Prognosen am Mittwoch (19.00 Uhr) bekannt, um 19.30 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Powell. Einen Tag später folgen Zinsentscheidungen von vier weiteren Zentralbanken.


SNB entscheidet im Schatten von Credit Suisse über Geldpolitik 

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) entscheidet im Schatten akuter Liquiditätsprobleme bei der zweitgrößten Bank des Landes über ihr Zinsniveau. Sie hat Liquiditätshilfe zugesichert, und Credit Suisse hat prompt um 50 Milliarden Franken gebeten. Aus einer Erklärung geht aber auch hervor, dass die SNB bei der Bewahrung von Finanzstabilität das Finanzministerium in der Pflicht sieht. Dessen ungeachtet spricht nach der Leitzinsanhebung um 50 Basispunkte im Dezember einiges für eine weitere Straffung der Geldpolitik, denn die Inflation hat das für schweizerische Verhältnisse horrende Niveau von 3,4 Prozent erreicht. Analysten erwarten eine Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte. Die Entscheidung wird am Donnerstag (09.30 Uhr) veröffentlicht.


Auch Sitzung der Bank of England von Bankenkrise überschattet 

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten überschatten auch die Sitzung der Bank of England (BoE). Die Zinsfutures haben eine weitere Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte rasch ausgepreist, nachdem die Sorgen über die Solidität der Credit Suisse zu einem Ausverkauf von Bankaktien geführt hatten. Noch vor wenigen Tagen waren sich die Anleger sicher, dass die BoE den Leitzins ein letztes Mal um 25 Basispunkte auf 4,25 Prozent anheben würde. Die BoE macht ihre Zinsentscheidung am Donnerstag (13.00 Uhr) bekannt.

Weitere geldpolitische Beschlüsse sind an diesem Tag von der Norges Bank (10.00 Uhr) und der türkischen Zentralbank (12.00 Uhr) zu erwarten. Bereits am frühen Montagmorgen informiert die People's Bank of China (PBoC) über die Benchmarksätze für Unternehmenskredite. Analysten rechnen mit unveränderten Kreditzinsen, nachdem auch der Satz für Bankkredite aus der mittelfristigen Kreditfazilität (MLF) unverändert geblieben war. Zudem hat die PBoC eine Senkung der Mindestreservesätze um 25 Basispunkte angekündigt.


   Lagarde erläutert EZB-Geldpolitik im Europaparlament 

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekommt kurz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung die Gelegenheit, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem Umfeld erhöhter Risiken für die Finanzstabilität erneut zu erklären. Sie spricht am Montag ab 15.00 im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments und ab 17.00 Uhr an gleicher Stelle in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Systemrisikoausschusses ESRB. Am Mittwoch (09.30) tritt die EZB-Präsidentin außerdem bei der jährlichen Konferenz "The ECB and its Watchers" auf.

Wichtigste Konjunkturdaten der Woche sind am Freitag die Einkaufsmanagerindizes aus Europa (ab 09.30 Uhr) und den USA (14.45 Uhr). Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland kommen am Dienstag (11.00 Uhr).

(Mitarbeit: Andreas Plecko)

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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March 20, 2023 02:00 ET (06:00 GMT)