Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Produktion im produzierenden Sektor Deutschlands dürfte im Juni zum ersten Mal im zweiten Quartal gestiegen sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass die Produktion im verarbeitenden Gewerbe, dem Bausektor und der Energiewirtschaft um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat zugenommen hat. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die Daten am Freitag (8.00 Uhr). Weitere wichtige Daten der Woche sind die zum deutschen Industrieumsatz und Auftragseingang sowie zur Beschäftigungsentwicklung in den USA. Zudem entscheidet die Bank of England über ihre Geldpolitik.

Die deutsche Industrie fährt der Post-Corona-Erholung der Gesamtwirtschaft mit angezogener Handbremse hinterher. In den ersten fünf Monaten des ersten Halbjahres lag die Produktion um 0,6 Prozent unter dem Niveau des vierten Quartals. Wurde sie zu Jahresbeginn vor allem von einem ungewöhnlich harten Winter gebremst, so waren es später Zulieferprobleme, vor allem bei Computerchips und Baumaterialien.

An dieser Lage hatte sich bis Juni grundsätzlich nichts geändert, wie die Einkaufsmanagerumfragen für diesen Monat zeigten. Dort war zwar von steigenden Produktionszahlen und Auftragseingängen die Rede, doch blieben die Versorgungsengpässe ein zentrales Problem. So schickte die Autohersteller Daimler und Volkswagen im Juni Mitarbeiter in Kurzarbeit. Hinzu kamen stark gestiegene Einkaufs- und Transportpreise. Gleichwohl erwarten Ökonomen per Saldo ein Produktionsplus.


   Deutscher Auftragseingang steigt im Juni um 1,5 Prozent 

Einen ersten Eindruck vom Geschehen im Juni werden am Donnerstag (8.00 Uhr) die Daten zu Auftragseingang und Industrieumsatz geben. Die Bestellungen waren im Mai aufgrund oben beschriebener Probleme unerwartet und kräftig (minus 3,7 Prozent) eingebrochen. Für Juni wird nun ein Plus von 1,5 Prozent prognostiziert. Noch entscheidender werden die Daten zum Industrieumsatz die Erwartungen hinsichtlich der Produktion beeinflussen.


  US-Wirtschaft schafft im Juli über 900.000 zusätzliche Jobs 

Wichtigster Konjunkturbericht der Woche ist der US-Arbeitsmarktbericht für Juli (Freitag, 14.30 Uhr). Der Beschäftigungsaufbau dürfte im Juli weiter an Tempo gewonnen haben. Volkswirte erwarten, dass über 900.000 zusätzlich Jobs entstanden sind. Das wäre einerseits Ausdruck einer sich von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie erholenden Wirtschaft und großzügiger staatlicher Hilfen für die privaten Haushalte.

Die Commerzbank macht aber noch auf einen anderen Aspekt aufmerksam: Im Sommer verlieren normalerweise viele Lehrer ihren Job, bevor sie im neuen Schuljahr wieder eingestellt werden. In diesem Jahr waren wegen der Pandemie ohnehin weniger Lehrer beschäftigt, so dass wohl auch weniger entlassen wurden. Die Saisonbereinigung dürfte das als Stellenzuwachs interpretieren. Die Arbeitslosenquote dürfte bei 5,7 Prozent geblieben sein, für die Stundenlöhne wird ein Zuwachs von 0,3 Prozent erwartet.


   Bank of England lässt Geldpolitik trotz hoher Inflation unverändert 

Die Bank of England (BoE) dürfte ihre Geldpolitik trotz hoher Inflationsraten unverändert lassen. Volkswirte erwarten, dass sowohl der Leitzins von 0,10 Prozent als auch das Zielvolumen der Anleihekäufe von 875 Milliarden Pfund bestätigt werden wird. Wie andere Zentralbanken auch sieht sich die BoE mit einem starken Anstieg der Inflation konfrontiert, und ebenso wie diese betrachtet sie diese Entwicklung als vorübergehend.

Interessant wird allerdings sein, ob die Zinsentscheidung erneut einstimmig fällt. Bei der Entscheidung zu den Anleihekäufen hatten zuletzt zwei Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses für ein geringeres Volumen gestimmt. Die BoE könnte außerdem ihre Entscheidung zu der Frage mitteilen, ob sie negative Leitzinsen als ein angemessenes Instrument betrachtet.

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DJG/hab/smh

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July 30, 2021 09:02 ET (13:02 GMT)