--Deutsches BIP dürfte im 1. Quartal um 1,5 Prozent gesunken sein

--Analysten erwarten Ifo-Anstieg auf 97,4 Punkte

--US-Notenbank lässt Geldpolitik unverändert

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft ist in der nicht enden wollenden Corona-Krise ein Gegenstand widerstreitender Hoffnungen und Befürchtungen. Während Analysten im Blick zurück für das erste Quartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwarten, hoffen sie mit Blick nach vorne für das zweite Quartal auf eine wachsende Wirtschaft. Diese Hoffnung drückt sich in der Erwartung aus, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex im April erneut gestiegen ist. Netterweise beginnt die Woche hoffnungsfroh am Montag mit dem Ifo-Index und präsentiert die BIP-Daten erst ganz am Ende, am Freitag.

Neben weiteren BIP-Daten (Euroraum, USA) kommen in der Woche Verbraucherpreisdaten aus Deutschland und dem Euroraum sowie geldpolitische Entscheidungen aus den USA, Japan und Schweden.


   Ifo-Index trotzt weiter dem Lockdown 

Das Geschäftsklima in der deutschen Wirtschaft dürfte den wieder zunehmenden Eindämmungsmaßnahmen gegen die beschleunigte Ausbreitung des Coronavirus im April getrotzt haben. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Anstieg des wichtigsten deutschen Konjunkturfrühindikators auf 97,4 (März: 96,6) Punkte. Wie in den Vormonaten dürfte dahinter vor allem die Hoffnung der Unternehmen auf eine Lockerung des Lockdown sowie auf eine weiter starke Exportnachfrage stehen.

Ein abermaliger Ifo-Anstieg würde die Hoffnung nähren, dass die Wirtschaft ihre Schwäche im zweiten Quartal tatsächlich überwinden wird. Letzten Endes hängt aber alles an der weiteren Entwicklung der Infektionszahlen. Der Anstieg des aggregierten deutschen Einkaufsmanagerindex spricht für eine entsprechende Entwicklung des Ifo. Allerdings besteht wegen des unerwartet starken Anstiegs im Vormonat (auf den höchsten Stand seit Juni 2019) ein gewisses Risiko, dass es zu einer negativen Gegenreaktion gekommen ist.


   Eine Reihe von Sonderfaktoren belastet das deutsche BIP 

Das deutsche BIP ist im vierten Quartal um 0,3 Prozent gestiegen, aber für das erste Quartal zeichnet sich ein Rückgang um 1,5 Prozent ab. Ausschlaggebend für die rückläufige Wirtschaftsleistung waren die coronabedingten Einschränkungen für den Dienstleistungssektor, Lieferschwierigkeiten in der Industrie, witterungsbedingte Probleme der Bauwirtschaft und sektorübergreifend das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung Ende 2020.

Deutschlands BIP-Rückgang war damit voraussichtlich stärker als der des Euroraums, für den ein Minus von nur 0,8 Prozent erwartet wird. Eine Ursache ist, dass die übrigen Länder des Euroraums im Unterschied zu Deutschland schon im vierten Quartal BIP-Rückgänge hinnehmen mussten. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die deutschen BIP-Daten am Freitag (10.00 Uhr), Istat die italienischen zeitgleich und Eurostat die des Euroraums um 11.00 Uhr. Frankreichs BIP-Daten kommen bereits um 7.30 Uhr.


   US-BIP steigt im ersten Quartal um annualisiert 5,6 Prozent 

Die BIP-Daten für das erste Quartal werden zeigen, dass die US-Wirtschaft bei der Erholung von der Corona-Krise dem Euroraum weit voraus ist. Ökonomen erwarten laut dem Factset-Konsens für die USA ein BIP-Wachstum von annualisiert 5,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Nach der im Euroraum üblichen Berechnung entspräche das einer Quartalswachstumsrate von 1,4 Prozent. Die Daten werden am Donnerstag (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Der Inflationsdruck im Euroraum dürfte im April weiter zugenommen haben. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte rechnen damit, dass die Verbraucherpreise mit einer Jahresrate von 1,5 (März: 1,3) Prozent gestiegen sind. Wie in den Vormonaten dürften dabei die Energiepreise die Hauptrolle gespielt haben. Die aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) interessantere Kernteuerung dürfte auf 0,8 (0,9) Prozent zurückgegangen sein. Die Daten werden am Freitag (11.00 Uhr) veröffentlicht.

Die deutsche HVPI-Teuerung (Veröffentlichung am Donnerstag, 14.00 Uhr) dürfte auf 1,9 (2,0) Prozent zurückgegangen sein. Die Inflationsentwicklung steht seit dem unerwartet kräftigen Anstieg zu Jahresbeginn - im Dezember waren die Raten noch negativ gewesen - im Fokus der Finanzmärkte. Das gilt besonders für die im Konjunkturzyklus schon weit fortgeschrittenen USA, wo am Freitag (14.30 Uhr) der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben veröffentlicht wird, das von der US-Notenbank bevorzugte Inflationsmaß.


   US-Notenbank lässt Geldpolitik unverändert - vorerst kein Tapering 

Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank macht am Mittwoch (20.00 Uhr) seine geldpolitischen Entscheidungen bekannt, ehe ihr Chairman Jerome Powell (um 20.30 Uhr) vor die Presse tritt. Der jüngste Preisauftrieb hat die Diskussion darüber, wann die US-Notenbank mit dem Abschmelzen ihrer Anleihekäufe ("Tapering") beginnt, wieder in Gang gebracht. Für die anstehende Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) werden aber noch keine Beschlüsse erwartet. Der Leitzins dürfte auf dem aktuellen Niveau von 0,00 bis 0,25 Prozent verharren und das Monatsvolumen des Anleihekaufprogramms bei 120 Milliarden Dollar.


   Bank of Japan hält an Geldpolitik fest 

Die Bank of Japan (BoJ) dürfte ihren Leitzins bei minus 0,10 Prozent und die Zielrendite für zehnjährige Staatsanleihen bei 0 Prozent belassen. Während der bessere US-Ausblick auch für einen Aufschwung in Japan spricht, wird die BoJ die Auswirkungen des dritten Lockdowns in Tokio und anderen Städten einkalkulieren müssen, da die Infektionen angesichts der langsamen Einführung des Impfstoffs wieder steigen.

Experten erwarten, dass die BoJ ihre extrem lockere Geldpolitik auf absehbare Zeit fortsetzen wird. Die aktuellen geldpolitischen Entscheidungen werden am frühen Dienstagmorgen veröffentlicht. Am Dienstag (9.00) kommt zudem die Zinsentscheidung der schwedischen Riksbank.

Mitarbeit: Andreas Plecko

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/apo/smh

(END) Dow Jones Newswires

April 23, 2021 11:07 ET (15:07 GMT)