Eine Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.

LOCKDOWN

Frankfurter Rundschau: "Noch sind Bürgerinnen und Bürger offenbar bereit, selbst die Widersprüche der verschärften Regeln zu akzeptieren, gerade angesichts der Überlastung von Kliniken und Krematorien. Doch wie lange kann das gehen? Noch immer hat Deutschland kein Pandemiekonzept jenseits des Dreiklangs aus wiederkehrenden Lockdowns, milliardenschweren Staatshilfen und dem Prinzip Hoffnung auf den Impfstoff. Doch gerade die wachsende Angst vor der grassierenden Corona-Mutation sollte ein erneuter Weckruf sein. Nicht unbedingt dafür, immer neue unkontrollierbare Lockdownverschärfungen zu beschließen. Sondern dafür, endlich einen Plan B zu entwickeln - für den Fall, dass die Immunisierung der Bevölkerung doch nicht so schnell erreicht werden kann wie erhofft."

Augsburger Allgemeine: "Natürlich würden Einschränkungen im Nahverkehr den Alltag vieler Bürger massiv erschweren. Und in vielen Berufen bedeutet die Arbeit im Homeoffice zusätzlichen Stress. Nur: Wie passt es zusammen, wenn Menschen ihre privaten Kontakte so stark reduzieren müssen, dann aber jeden Morgen mit 50 anderen dicht gedrängt im Bus oder in der Straßenbahn zusammenstehen? Wenn Kinder nur noch einen einzigen Freund sehen dürfen, ihre Eltern im Büro aber täglich Kollegen aus zehn anderen Haushalten treffen?"

Mitteldeutsche Zeitung: "Das Ungleichgewicht zwischen Einschränkung des Privatlebens und der Kulanz gegenüber Unternehmen ist frappierend. Sicher darf die Wirtschaft nicht ruiniert werden. Aber das Home Office zeigt, dass nicht überall Schaden droht, wo Firmen Auflagen bekommen. Nach wie vor fehlt Deutschland ein Pandemie-Konzept jenseits des Dreiklangs aus Lockdowns, Staatshilfen und dem Hoffen auf den Impfstoff. Nötig sind Pläne, wie das Land und vor allem Gesundheitswesen und Risikogruppen mit dem Virus zurechtkommen können."

Leipziger Volkszeitung: "Corona-Tollhaus Sachsen: In der ZDF-Talkshow 'Maybrit Illner' sorgte Ministerpräsident Kretschmer mit einem Satz -'Kindergärten komplett runterfahren, Schulen abschließen' - für die nächste Verunsicherung. Dass die Aussage einige Stunden später prompt relativiert wurde und Sachsens Schulen mit den Abschlussklassen wie geplant am Montag wieder starten, macht alles, nur keinen souveränen Eindruck. Für den in dieser Woche neu berufenen Corona-Berater des Freistaats gibt es also viel zu tun. Zumal die Frage offen bleibt, ob Sachsen seinen Teil-Schulbetrieb wieder stoppen muss, weil es in der Schaltkonferenz mit der Kanzlerin so beschlossen werden könnte."

Kölner Stadt-Anzeiger: "Zwar kann das längst niemand mehr kontrollieren, aber selbst mit symbolischen Verboten sollte die Bundesregierung allmählich sorgsamer umgehen: Das Ungleichgewicht zwischen Einschränkung des Privatlebens, vor allem der Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern, und der Kulanz gegenüber der Wirtschaft ist frappierend. Sicher darf nicht die ganze Wirtschaft ruiniert werden. Aber das Beispiel Homeoffice zeigt, dass nicht überall Schaden droht, wo auch Firmen mal Auflagen bekommen."

CORONA

Stuttgarter Nachrichten: "Die Corona-Pandemie verschwindet nicht. Nicht jetzt, nicht die nächsten Wochen, nicht die nächsten Monate. Für die Pandemie gelten andere Zeitrechnungen. Auch für die holprig angelaufene Impfkampagne. Sie lässt sich nicht binnen Monaten abschließen. Es geht um einen langen Weg, es geht um Jahre. Wer sich jetzt eilig von Hoffnungsdatum zu Hoffnungsdatum hangelt und ein Ende allen Übels suggeriert, agiert im Blindflug - und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Warnsignale gibt es genug: Bildung wird zum Zufallsgut, schleichend werden Mütter aus dem Berufslicht gedrängt, still zerfällt das Vereinsleben. All dies inmitten einer technologischen Neubestimmung von Wirtschaft und Industrie. Der Widerspruch ist keiner: Wir brauchen schnellstens langfristiges Denken."

NORD STREAM 2

Neue Osnabrücker Zeitung: "Es ist nicht so, als hätte die hiesige Wirtschaft unter Donald Trump nur gelitten - allem Streit um Zölle, eine unausgewogene Handelsbilanz und die Gaspipeline Nord Stream 2 zum Trotz. Der Export über den Atlantik ist in den vergangenen vier Jahren gestiegen, ebenso wie die Direktinvestitionen. Problematisch ist eher die ständige Unsicherheit, die Trump im internationalen Handel mit Erpressung und Strafzöllen erzeugt hat. Mit Joe Biden eröffnet sich hier die Chance auf mehr Berechenbarkeit, weil er Freihandel nicht grundsätzlich misstraut. Aber auch Biden muss sehen, wie er seiner Wirtschaft Schwung verleiht und Jobs schafft - zumal er jenen 75 Millionen Bürgern, die Trump gewählt haben, etwas bieten muss. So setzen auch die Demokraten auf protektionistische Elemente, die US-Unternehmen schützen und unter die Arme greifen sollen. Aus 'Amerika zuerst' wird unter Biden 'Kauft amerikanisch'".

Mitteldeutsche Zeitung: "Nord Stream 2 ist von der EU und von allen zuständigen deutschen Behörden geprüft und genehmigt worden. Selbst wenn der Bund jetzt den Forderungen von Umweltschützern nachgeben und das Projekt beenden würde, bliebe die Frage: Wer soll das bezahlen? Das Vorhaben war mit sieben Milliarden Euro veranschlagt worden, jetzt gehen Experten wegen der Verzögerungen von elf Milliarden aus. Der Atomausstieg lässt grüßen, und das Ganze hat auch etwas mit Rechtsstaatlichkeit und Planungssicherheit für Investoren zu tun."

LIEFERKETTENGESETZ

Nürnberger Nachrichten: "Die Chancen, dass sich die Zustände nachhaltig verbessern, stehen folglich dann am besten, wenn sich das für die betroffenen Unternehmen auch lohnt. Das müssen nicht immer nur Bußgelder bei Vergehen sein. Warum ein Gesetz nicht mit positiven Anreizen verbinden, etwa Privilegien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge? Was sich sogar ohne große internationale Abstimmung - also schnell - auf nationaler Ebene wirksam umsetzen ließe."

CDU

Süddeutsche Zeitung: "Heute kann das Konservative durchaus die Zukunft der Union bestimmen - wenn sie es neu definiert. Gute konservative Politik will nicht zerstören, sie möchte von jeher bewahren, was sie für bewahrenswert hält. Das Bewahrende wiederum wurde lange nicht mehr so gebraucht wie in einer Zeit, in der ein US-Präsident den Mob ins Kapitol hetzt. Zu bewahren ist dringend die Menschenwürde, vor den Abgründen der Digitalisierung ebenso wie vor einer kalten, globalen Marktmacht. Mindestens ebenso nötig ist das Bewahrende zur Abwendung der Klimakatastrophe, der größten Zukunftsfrage unserer Epoche. Die Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen wäre gewiss im Sinne konstruktiver konservativer Denker wie Edmund Burke, der gesagt haben soll: Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun."

Stuttgarter Zeitung: "Bei aller Vielstimmigkeit darf aber nicht verloren gehen, was schon das eigene Etikett verspricht: Union heißt Einigkeit. Die steht immer auf dem Spiel, wenn von dreien nur einer gewinnen kann."

REGIERUNGSKRISE IN ITALIEN

Märkische Oderzeitung: "Ex-Ministerpräsident Renzi interessiert es offenkundig wenig, dass so eine geplante Regierungskrise so wenig in die Corona-Pandemie mit ihren vielen Toten passt wie ein maskenloser Hustenanfall in eine vollbesetzte U-Bahn. Und mit was für einem Ziel überhaupt? Kommt es zu Neuwahlen winken Renzis Restetruppe maximal drei Prozent der Wählerstimmen. Schlimmer noch, die bisherige Koalition aus Sozialdemokraten und der Fünf-Sterne-Bewegung dürften bei Neuwahlen von einer Rechtskoalition abgelöst werden. In dieser Konstellation stellen Silvio Berlusconis Forza Italia und Matteo Salvinis Lega noch den vergleichsweise gemäßigten Teil."

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January 15, 2021 14:04 ET (19:04 GMT)