Eine Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.

SACHSEN-ANHALT

Süddeutsche Zeitung: "Alles nicht zu fassen: Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Stahlknecht her - so muss man es doch bei der AfD empfinden. Eine Woche nach einem quasi selbstmörderischen Parteitag bietet ein CDU-Landeschef ihr die Reha an. Und mitten in der zweiten Welle der Corona-Pandemie setzt dieser Politiker alles daran, eine bestehende Regierung zu sprengen. Aber so wie es nicht um 86 Cent geht, geht es nicht bloß um Sachsen-Anhalt. Friedrich Merz, der sich CDU-Vorsitz und Kanzleramt zutraut, unterstützte Stahlknecht diese Woche im Rundfunkstreit. Die Mehrheiten im Landtag kennend, stellte Merz sich dumm - die Meinung der AfD sei 'vollkommen unwichtig'. Der CDU steht eine äußerst finale Klärung bevor."

Frankfurter Rundschau: "Die CDU in Sachsen-Anhalt zerlegt sich atemberaubend schnell: Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl reiben sich Ministerpräsident und Spitzenkandidat Reiner Haseloff und Landeschef Holger Stahlknecht aneinander auf. Die leidige Rundfunkgebührenerhöhung spielt da keine Rolle. Es geht am Ende um die östliche Gretchenfrage: Wie hältst du's mit der AfD - und deren Anhang? Die CDU im Land hat zwei Machtoptionen: Sie bindet sich an die linke Mitte aus geschwächter SPD und nur langsam sprießenden Grünen, oder sie flirtet mit der offen rechtsradikalen AfD. Im ersteren Fall müssen ihre Abgeordneten um des Koalitionsfriedens willen ihr rechtsbürgerliches Milieu verleugnen. Der andere Fall wäre ein Tabubruch, der sich für sie selbst gar nicht so anfühlt. Denn die Distanz zwischen rechtsbürgerlich und rechtsextrem ist im Milieu der Kleinstädte Sachsen-Anhalts oft äußerst kurz."

Mitteldeutsche Zeitung: "Der laute Knall in Magdeburg kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Hauptprobleme nicht gelöst sind. Die gegensätzlichen Auffassungen zum Rundfunkbeitrag in der Kenia-Koalition bleiben und SPD und Grüne haben ihre Drohungen, aus der Koalition auszusteigen, noch nicht zurückgenommen. Mit seiner Entscheidung hat Haseloff einen großen Schritt Richtung Grüne und SPD gemacht. Der Ministerpräsident von der CDU hat seinen eigenen Parteivorsitzenden aus dem Kabinett geworfen. Das muss man erstmal machen! In der Partei erntet er dafür auch Kritik. Mit der Personalentscheidung gibt es nun wieder die Chance, über eine Annäherung der Koalitionäre zu sprechen. Die Parteizentralen in Berlin sollten sich nicht einmischen, damit hier in Ruhe verhandelt werden kann."

US-TRUPPEN

Stuttgarter Zeitung: "Die Pläne sind noch kein Gesetz. Es ist aber offenkundig, dass sich eine erstklassige Gelegenheit auftut, die Beziehungen zwischen Europa und den USA auf eine neue Basis zu stellen. Dabei wäre es fatal, wenn sich die Europäer darauf verließen, dass der neue Mann im Weißen Haus schon irgendwie reparieren wird, was sein Vorgänger zertrümmert hat. Es ist auch an den Europäern, mit politischen Initiativen das Interesse der USA am Alten Kontinent wachzuhalten. Dabei sollte es um Klimaschutz und Handel gehen. Und um Verteidigung - selbst auf die Gefahr hin, dass man das in Deutschland im Wahljahr 2021 nicht gern hören will."

Straubinger Tagblatt: "Während man in Deutschland geteilter Meinung darüber sein mag, ob es prinzipiell eine gute Idee ist, US-Soldaten im Land zu haben, stellt sich das aus amerikanischer Sicht anders dar. Ein Abzug aus Deutschland wäre für die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten eine Schwächung - gerade im Verhältnis zu Russland, aber auch im Hinblick auf die Krisenherde im Nahen und Mittleren Osten. Die Truppen innerhalb Europas zu verlegen, wäre zudem immens teuer, weil neue Stützpunkte und Unterkünfte gebaut werden müssten. Die bewährten Standorte in Deutschland zu verlassen, wäre also auch finanziell eine Dummheit. Es war ein eklatanter Fehler Trumps, den Truppenabzug anzukündigen. Darüber waren sich die Demokraten und viele Republikaner von Anfang an einig. Jetzt haben sie endlich den Mut gefunden, diesen Fehler zu korrigieren."

Mitteldeutsche Zeitung: "Allzu laut sollten die Deutschen nicht jubeln. Ja, in sechs Wochen dürften die Zeiten des rücksichtslosen 'America First' vorbei sein. Und ja, der neue Präsident Joe Biden wird mit Sicherheit ein angenehmerer Gesprächspartner sein, der das transatlantische Bündnis wertschätzt und Amerika als verlässlichen Partner zurück auf die Weltbühne bringen will. Doch auch der Demokrat wird hinterfragen, ob die Lasten unter den Alliierten wirklich gerecht verteilt sind. Er hat den Truppenabzug vor allem kritisiert, weil er militärisch unsinnig und enorm teuer gewesen wäre. Aber auch Biden wird darauf drängen, dass Deutschland mehr Verantwortung übernimmt und das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreicht."

CORONA-HILFEN

Mitteldeutsche Zeitung: "Die Dauerrechtfertigung der Bundesregierung, dass das Infektionsgeschehen ein dynamisches sei und man je nach Lage schnell reagieren müsse, zieht bestenfalls halb. Denn die Virologen haben seit Beginn der Pandemie vor einer zweiten Welle und einem weiteren Lockdown gewarnt. Den Sommer über wäre Zeit gewesen, die Ausgestaltung staatlicher Unterstützungsprogramme für den Fall neuerlicher Betriebsschließungen zu beschließen. Die Regierung hat es versäumt. Der Staat täte gut daran, nun endlich Verlässlichkeit zu schaffen. Trotz der ermutigenden Meldungen bei der Entwicklung des Impfstoffs werden uns das Coronavirus und die Einschränkungen noch weit in das Wahljahr 2021 hinein begleiten."

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December 04, 2020 14:24 ET (19:24 GMT)