Die Übersicht mit Details und Einschätzungen zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP:


Baerbock: Erhöhung des CO2-Preises wegen höherer Energiepreise nicht nötig 

Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hält es für richtig, dass der nationale CO2-Preis im Koalitionsvertrag nicht erhöht wurde. Dieser sei kein Selbstzweck, sondern er solle Lenkungswirkung zeigen. "Da der (Energie-)Preis ohnehin schon so hoch ist, braucht es keinen CO2-Aufschlag", so Baerbock in der ARD. Deutschlands Ziel, als erstes Industrieland klimaneutral zu werden, habe zudem Signalwirkung für andere Länder. "Die Technologien, die wir hier entwickeln - so wie vor 20 Jahren die erneuerbaren Energien, das war ja eine Revolution - das ist die nächste Energierevolution", so Baerbock. Deutschland müsse Technologien entwickeln, um als erstes Industrieland klimaneutral zu werden. Dies gelte es dann in der Welt voranzubringen, damit die Pariser Klimaziele weltweit erreicht werden.


BDI: Koalition liefert nur wenige konkrete Lösungsvorschläge 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie vermisst im Koalitionsvertrag konkrete Lösungsvorschläge. "Die Bedeutung der Industrie und ihrer Innovationskraft steht an vielen und zentralen Stellen sehr deutlich und positiv im Vertrag", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Darauf lasse sich aufbauen. "Die Vorschläge für eine wettbewerbsfähige Innovationspolitik sind zukunftsgerichtet. Insgesamt benennt die neue Koalition richtige Aufgabenstellungen, liefert aber nur wenige konkrete Lösungsvorschläge. Der Koalitionsvertrag bietet viele vage Absichtserklärungen." Der Löwenanteil der Arbeit bleibe noch zu tun. Die Wirtschaft spreche sich ausdrücklich auch für eine Kultur der Verbindlichkeit der neuen Ampel-Koalition aus.


RWE: Koalitionsvertrag kann Energiewende Schwung verleihen 

Der Energiekonzern RWE nennt die energiepolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition ermutigend. "Der Koalitionsvertrag kann der Energiewende ordentlich Schwung verleihen", sagte RWE-Vorstandschef Markus Krebber. Die Transformation brauche Entschlossenheit und Pragmatismus. "Deshalb begrüße ich neben den energiepolitischen Festlegungen insbesondere das Vorhaben der Koalition, im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam mit der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Akteuren über verlässliche Rahmenbedingungen dieser Herkulesaufgabe zu sprechen."


Ampel-Koalition setzt sich für Rüstungsexportkontrollgesetz ein 

Die Ampel-Koalition will die Kontrolle von Rüstungsexporten verstärken. "Wir setzen uns für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz ein", heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. In diesem Gesetz sollen demnach der Gemeinsame Standpunkt der EU zu Waffenexporten sowie nationale Vorgaben zum Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern und eine Ausweitung der Kontrollen zum Endverbleib deutscher Rüstungsexporte verankert werden.


Linke wirft SPD und Grünen zu viel Rücksichtnahme auf die FDP vor 

Die Linke hat SPD und Grünen vorgeworfen, bei der Bildung der Ampel-Koalition zu viel Rücksicht auf die FDP genommen zu haben. "Außer einem Mindestlohn von zwölf Euro ist das Papier ein sozialpolitischer Rohrkrepierer", sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch in Berlin. "Ganz viel Rücksicht auf die FDP - das könnte der Titel des Koalitionsvertrags sein."


Wirtschaft kritisiert unklare Finanzierung vieler Koalitionsvorhaben 

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP "gute Ansätze", sieht die "unklare Finanzierungsfrage vieler Vorhaben" aber kritisch. DIHK-Präsident Peter Adrian begrüßte am Mittwoch den festen politischen Willen, Genehmigungs- und Planungsverfahren drastisch zu beschleunigen. Auch das klare Bekenntnis zu konsequenter Digitalisierung, Innovation und technischem Ideenreichtum lasse hoffen. Ein starker Impuls sei zudem die Abschaffung der EEG-Umlage beim Strompreis. Für die unternehmerische Praxis gebe es noch "etliche Unsicherheiten".


Ampel strebt Demokratiefördergesetz bis 2023 an 

Die Ampel-Koalition will das in der vergangenen Legislaturperiode noch gescheiterte Demokratiefördergesetz bis zum Jahr 2023 auf die Beine stellen. "Damit stärken wir die zivilgesellschaftliche Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit sowie das Empowerment von Betroffenengruppen und werden sie vor Angriffen schützen", heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP zu dem geplanten Gesetz.


Ampel will mindestens 15 Millionen Elektroautos bis 2030 

Die Ampel-Koalitionäre wollen im Bereich Verkehr eine "nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare" Mobilität der Zukunft erreichen. Laut dem am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag sollen bis 2030 insgesamt 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Eine Million Ladepunkte sollen öffentlich zugänglich sein.


Ampel will Immobilienkauf mit Bargeld verbieten 

Die Ampel-Parteien wollen den Kauf von Immobilien mit Bargeld verbieten und damit auch die Geldwäsche bekämpfen. Gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland müssen zudem "bei jeglichem Immobilienerwerb in Deutschland" nachweisen, dass ihr Geld zuvor versteuert wurde, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Im Grundbuch wird demnach bei einer Änderung eine "ladungsfähige Anschrift" verpflichtend.


Verbraucherschutz wandert in künftiger Regierung ins Umweltministerium 

Der Verbraucherschutz ist künftig nicht mehr im Justizministerium angesiedelt, sondern wird im Umweltministerium betreut. Laut dem am Mittwoch von den Ampel-Parteien vorgelegten Koalitionsvertrag soll es künftig ein gebündeltes Ministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geben, das von den Grünen geführt wird.


Grüne beraten am Donnerstag auf Bund-Länder-Forum über Koalitionsvertrag 

Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP beraten die Grünen am Donnerstag auf einem sogenannten Bund-Länder-Forum über die Ergebnisse. An der hybriden Veranstaltung nehmen nach Parteiangaben vom Mittwoch unter anderem der Bundesvorstand und Spitzenvertreter der Grünen aus den Ländern teil. Die Tagung soll auch den Auftakt zur Urabstimmung über die Koalitionsvereinbarungen bilden. Es wird zudem erwartet, dass die Grünen am Donnerstag ihre künftigen Kabinettsmitlieder benennen.


VdK sieht im Koalitionsvertrag Licht und Schatten 

Der Sozialverband VdK hält den Koalitionsvertrag des geplanten Ampel-Bündnisses aus SPD, Grünen und FDP nur in Teilen für gelungen. "In dem Vertrag werden viele gute Vorschläge gemacht und endlich Probleme im Gesundheitswesen angepackt", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Mittwoch. So lobte sie die geplante Aufhebung der Hausärzte-Budgetierung, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneiprodukte sowie die Dynamisierung des Pflegegelds. Bentele kritisierte allerdings, dass eine grundlegende Reform des Systems von gesetzlichen Kassen und privater Krankenversicherung fehle. "Für einen großen Wurf reicht es daher nicht", erklärte sie. Die Mehrheit im Land fordere seit Jahren eine Einbeziehung aller in das gesetzliche Versicherungssystem.


Union kritisiert fehlenden Aufbruch in Koalitionsvertrag 

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat den Koalitionsvertrag der geplanten Ampel-Regierung als unzureichend kritisiert. "Wir erkennen nicht den Aufbruch", sagte Brinkhaus am Mittwoch in Berlin vor Journalisten. Es sei auch nicht zu erkennen, wie die Vorhaben der geplanten neuen Bundesregierung finanziell untermauert seien.


IfW: Raum für eine starke Neuverschuldung 

Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) verweist beim Koalitionsvertrag auf die hohe geplante Staatsverschuldung. "Die Koalition plant für 2022 einen großen Schluck aus der Pulle was die Staatsverschuldung betrifft", sagte Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Direktor Konjunktur und Wachstum am IfW. "Die Nettokreditaufnahme in dem Jahr dürfte immens werden. Das wird unter anderem durch neue Regeln für die Abrechnung des Energie- und Klimafonds plausibel, dessen Finanzierungsdefizite nun nicht mehr unter die Schuldenbremse fallen sollen", so der Ökonom. "Der Fonds soll zunächst erhebliche zusätzliche Mittel bekommen. Da zugleich die Schuldenbremse 2022 noch ausgesetzt ist und die Tilgung der 'Corona-Schulden' deutlich gestreckt wird, entsteht der Raum für eine starke Neuverschuldung."

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November 24, 2021 14:54 ET (19:54 GMT)