Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass die konservativen Christdemokraten (CDU) unabhängig von der Form der Regierung die größte Partei in ihr sein werden. Das bringt ihren Vorsitzenden, Friedrich Merz, in die Position, Kanzler zu werden.
Im Folgenden erläutern wir Merz' Haltung zu Deutschlands selbst auferlegter Verschuldungsgrenze, der so genannten "Schuldenbremse", und die Optionen, die er hätte, wenn er die nächste deutsche Regierung anführen würde.
WAS IST MERZ' HALTUNG ZUR SCHULDENBREMSE?
Merz hat immer gesagt, Deutschland solle an der verfassungsmäßig verankerten Schuldenbremse festhalten, die das öffentliche Defizit auf 0,35% des Bruttoinlandsprodukts begrenzt und von seiner Partei 2009 unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeführt wurde.
Allerdings hat er zwei Voraussetzungen für die Diskussion über eine mögliche Reform gestellt: Bedingungen, unter denen das Geld in wachstumsfördernde Programme investiert werden muss, und die Kontrolle der Sozialausgaben.
"Wenn wir das Gesamtkonzept in den Griff bekommen, dann können wir über eine Reform der Schuldenbremse sprechen, aber nicht über ihre Abschaffung", sagte er letzte Woche.
WIE IST DIE MEINUNG INNERHALB SEINER CDU-PARTEI?
Kritiker der Schuldenbremse sagen, dass sie Deutschland davon abgehalten hat, in dringend benötigte Infrastrukturverbesserungen zu investieren und zu seinem derzeitigen wirtschaftlichen Niedergang beigetragen hat.
Innerhalb der CDU wurde die Debatte in diesem Jahr von Kai Wegner, dem konservativen Bürgermeister von Berlin, neu eröffnet. Mehrere einflussreiche CDU-Vorsitzende aus anderen Landesregierungen haben sich dem Vorstoß für eine Reform angeschlossen, weil die Länder ebenfalls durch die Schuldenbremse eingeschränkt sind.
Die CDU sagt, sie plane derzeit nicht, ihre Position zur Schuldenbremse zu ändern. Aber innerhalb der Partei wächst der Druck. Die CDU-Ministerpräsidenten drängten Merz in den letzten Parteitagen, Reformpläne in das Wahlprogramm aufzunehmen.
WAS IST DIE POSITION DER ANDEREN PARTEIEN?
Für eine Änderung der Schuldenbremse ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.
Die wirtschaftsfreundlichen Freien Demokraten des kürzlich entlassenen Finanzministers Christian Lindner haben die Schuldenbremse immer vehement verteidigt. Die rechtsextreme AfD, die in den Umfragen nach der CDU an zweiter Stelle liegt, ist ebenfalls gegen jede Reform.
Die Stimmen der beiden Parteien in der jetzigen Minderheitsregierung aus SPD und Grünen würden für eine Reform nicht ausreichen. Deutschlands neue linkspopulistische Partei, die Sahra Wagenknecht Allianz (BSW), unterstützt die Reform.
Laut einer am Samstag nach dem Koalitionsbruch veröffentlichten INSA-Umfrage kämen diese Parteien zusammen auf 64% der Stimmen, womit sie die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlen würden. Wenn die CDU ihre Linie ändert, wäre das der entscheidende Faktor, der das Gleichgewicht zugunsten der Reform kippen würde.
WAS SIND DIE ANDEREN OPTIONEN?
Eine Möglichkeit besteht darin, die Schuldenbremse unter Berufung auf besondere Umstände auszusetzen. Deutschland hat die Schuldenbremse 2024 wieder eingeführt, nachdem sie vier Jahre lang ausgesetzt worden war, um zusätzliche Ausgaben aufgrund der Coronavirus-Pandemie und der Energiekrise nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine zu ermöglichen.
Eine weitere Option wären außerbudgetäre Fonds zur Einhaltung der Schuldenobergrenze für die Finanzierung des deutschen Finanzbedarfs. Deutschland verfügt derzeit über 29 Sonderfonds auf Bundesebene, die nach Angaben des unabhängigen Bundesrechnungshofes insgesamt 869 Milliarden Euro (925,75 Milliarden Dollar) wert sind. Allerdings wäre auch für die Einrichtung eines dieser Fonds eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.
(1 Dollar = 0,9387 Euro)