Berlin (Reuters) - Sinkende Benzin- und Heizölpreise haben die Inflation in Deutschland im März deutlich gedrückt.

Darauf deuten am Donnerstag veröffentlichte Daten aus sechs Bundesländern hin, aus denen das Statistische Bundesamt eine erste bundesweite Schätzung berechnet. In Nordrhein-Westfalen sank die Teuerungsrate von 8,5 Prozent im Februar auf 6,9 Prozent, in Bayern von 8,8 auf 7,2 Prozent, in Sachsen von 9,2 auf 8,3 Prozent, in Brandenburg und Baden-Württemberg jeweils von 8,7 auf 7,8 Prozent sowie in Hessen von 8,3 auf 7,1 Prozent.

Das Statistikamt will am Nachmittag bundesweite Zahlen veröffentlichen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen gehen davon aus, dass sich Waren und Dienstleistungen um 7,3 Prozent zum Vorjahresmonat verteuern - das wäre der kleinste Anstieg seit August 2022. Im Januar und Februar hatte die Inflationsrate noch jeweils bei 8,7 Prozent gelegen.

"Eine Entwarnung für die EZB ist das noch nicht", kommentierte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, die aktuelle Entwicklung. Denn der nachlassende Inflationsdruck sei vor allem Folge eines günstigen Basiseffekts. So waren vor einem Jahr die Energiepreise nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine in die Höhe geschnellt. Nun werden sie erstmals mit den schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch - das wird als Basiseffekt bezeichnet. So kosteten in NRW Kraftstoffe wie Benzin und Diesel 19,3 Prozent weniger als im März 2022, in Bayern 17,1 Prozent weniger. Erneut stak gestiegen sind dagegen Nahrungsmittelpreise. "Das liegt vor allem daran, dass Gemüse offenbar aufgrund von Ernteausfällen einiger Lieferländer knapp geworden ist", sagte Schmieding.

Sorgen bereitet Beobachtern, dass die Kernrate der Inflation - bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelspreise herausgerechnet werden - wohl weiter gestiegen ist. "Das liegt vor allem an der vorösterlichen Reiselust der Bürger", sagte Schmieding. Pauschalreisen etwa seien in NRW 12,8 Prozent teurer als vor einem Jahr. Nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel erweist sich die Kerninflation inzwischen als viel hartnäckiger als die Gesamtinflation. "Und natürlich verursacht das auch einige Kopfschmerzen für Notenbanker", merkte sie an. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in diesem Monat ihren Leitzins von 3,0 auf 3,5 Prozent angehoben, um die Inflation in der gesamten Euro-Zone einzudämmen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)