Berlin (Reuters) - Deutschland importiert sich Inflation: Die Einfuhrpreise sind im April wegen teurer Energie so stark gestiegen wie seit über zehn Jahren nicht mehr.

Sie legten um 10,3 Prozent zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Eine so starke Zunahme hatte es zuletzt im Dezember 2010 gegeben. Von Reuters befragt Ökonomen hatten lediglich mit 10,0 Prozent gerechnet, nachdem es im März nur ein Plus von 6,9 Prozent gegeben hatte. Experten erwarten, dass diese Entwicklung bei den Verbrauchern ankommen wird.

"Für die kommenden Monate gehen wir davon aus, dass sich die Verteuerung der Rohstoffe - neben den bereits gestiegenen Heizöl- und Benzinpreisen - auch bei den Verbrauchern bemerkbar macht", sagte der Chefvolkswirt der DZ Bank, Michael Holstein. "Die produzierenden Unternehmen werden sicherlich versuchen, einen Teil ihres Kostenanstiegs an ihre Kunden weiterzugeben." LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit Inflationsraten von mehr als drei Prozent. Die deutlichen Anstiege der Einfuhr- und Erzeugerpreise "lassen zunehmend unwahrscheinlich erscheinen, dass die Inflation auf der Verbraucherebene schon Anfang 2022 sehr deutlich fällt", sagte Niklasch. Mit einem länger anhaltenden Preisdruck bis etwa zur Jahresmitte 2022 muss wohl gerechnet werden.

TABLETS UND SMARTPHONES BILLIGER

Der starke Anstieg im vergangenen Monat geht vor allem auf die Entwicklung bei Energie zurück: Sie war um 101,3 Prozent teurer als im April 2020. "Dieser Anstieg begründet sich durch das außerordentlich niedrige Preisniveau des Vergleichsmonats", erklärten die Statistiker. Damals hatte die Nachfrage aufgrund der Corona-Rezession ihren Tiefpunkt erreicht, bei einem gleichzeitig starken Angebotsüberhang. Erdöl verteuerte sich mit 198,0 Prozent besonders stark, ebenso Mineralölerzeugnisse mit 76,6 Prozent und Erdgas mit 57,6 Prozent. Elektrischer Strom kostete im Import 209,6 Prozent mehr. Ohne Berücksichtigung der Energie sind die Einfuhrpreise im April nur um 4,8 Prozent gestiegen.

Vorleistungsgüter verteuerten sich mit 12,5 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich. Dabei kosteten vor allem Eisenerze (+76,8 Prozent), Kupfer (+58,2), Nicht-Eisen-Metallerze (+40,2), bestimmte Kunststoffe (+33,3) sowie Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen (+25,8) deutlich mehr. "Hauptgrund für den starken Anstieg der Preise für Eisenerz dürfte die weiterhin starke weltweite Nachfrage sein", erklärte das Statistikamt.

Die Preise für importierte Investitionsgüter sanken gegen den Trend, und zwar um 0,6 Prozent. Tablets (-3,5 Prozent) und Smartphones (-2,2) waren günstiger zu haben als ein Jahr zuvor. Notebooks kosteten 2,6 Prozent mehr. Die Preise für landwirtschaftliche Güter zogen um 4,9 Prozent an. Während sich insbesondere Naturkautschuk (+47,9 Prozent), Getreide (+13,9) und Rohkaffee (+9,4) stark verteuerten, wurden lebende Schweine (-29,0) und Nüsse (-16,8) zu niedrigeren Preisen importiert.