Berlin (Reuters) - Mit einer Reform der Grundsicherung kann sich Arbeit für Bürgergeldbezieher laut einer Analyse des Ifo-Instituts mehr lohnen.

In der am Donnerstag vorgestellten Studie werden Optionen für eine Reform von Bürgergeld, Wohngeld und Kindergrundsicherung im Auftrag des Grün-geführten Bundeswirtschaftsministeriums untersucht. "Eine Integration des Wohngeldes in das Bürgergeld und eine gleichzeitige Reform der Erwerbstätigenfreibeträge könnten mehr Arbeitsanreize schaffen und das System effizienter machen", erläuterte Ifo-Experte Andreas Peichl .

Die Münchner Forscher weisen in der Studie auf Schwachstellen im derzeitigen System hin: Wer als Bezieher von Bürgergeld eine Erwerbstätigkeit aufnehme, habe zwar immer ein höheres verfügbares Einkommen als Nichterwerbstätige. Der Anstieg des verfügbaren Einkommens sei aber mitunter nicht sehr groß. Für das Bürgergeld sind die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Jobcenter zuständig. Es wird überwiegend aus Steuern aus dem Bundeshaushalt finanziert. Im Bürgergeld verzeichnete die BA im Juli 4,021 Millionen erwerbsfähige Berechtigte und damit 75.000 mehr als ein Jahr zuvor.

Im Rahmen des Wachstumspakets der Ampel soll es im Bürgergeld eine Anschubfinanzierung geben. Der Betrag wird als Prämie an diejenigen ausbezahlt, die eine Arbeit gefunden haben und nicht länger auf die Grundsicherung angewiesen sind. Anspruch auf Bürgergeld haben laut Bundesregierung Menschen, die trotz umfassender Bemühungen keine Arbeit finden oder mit ihrem Job so wenig verdienen, dass ihr Lebensunterhalt nicht gesichert ist.

"DIFFAMIERENDE DEBATTEN"

Der oppositionellen Union ist das Bürgergeld in seiner jetzigen Form ein Dorn im Auge. Laut CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann legt die Statistik nahe, dass eine sechsstellige Zahl von Personen grundsätzlich nicht bereit sei, eine Arbeit anzunehmen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, nimmt Bürgergeldbezieher in Schutz: "Was sicherlich nicht hilft, sind diffamierende Debatten über Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger."

Laut der Ifo-Studie könnte das Arbeitsangebot bei einer Reform der Grundsicherung gegenüber der aktuellen Lage um etwa 144.000 sogenannte Vollzeitäquivalente (VZÄ) zunehmen. Dabei handelt es sich um eine Kennzahl zur vergleichbaren Messung der Beschäftigung, auch wenn die Arbeitszeiten hinsichtlich der Wochenstundenzahlen unterschiedlich sind.

Mit einer Reform würde überdies das Budget leicht entlastet und es käme zu einer geringen Zunahme der Haushalte mit Transferbezug, erläuterte Ifo-Forscher Maximilian Blömer. Etwa 1,6 Millionen Haushalte mehr würden Bürgergeld bekommen, aber 1,8 Millionen weniger Wohngeld. Das bisherige Wohngeld würde bei der Reform komplett in die Kosten der Unterkunft (KdU) des Bürgergeldes integriert.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit Markus Wacket; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)