Berlin (Reuters) - Wegen der verschärften Virus-Pandemie verschlechtert sich die Stimmung der Unternehmen zum Jahresanfang.

"Die zweite Corona-Welle hat die Erholung der deutschen Wirtschaft vorläufig beendet", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Montag zur Umfrage seines Instituts unter 9000 Managern. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Januar zum Vormonat überraschend stark um 2,1 auf 90,1 Punkte. Die Manager beurteilten Ausblick und Lage ungünstiger als zuletzt. "Die Unsicherheit hat zugenommen in der Wirtschaft - auch weil sich die Impfungen hinziehen dürften", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Deutschland erreicht nach Ansicht der Bundesregierung konjunkturell erst Mitte 2022 wieder das Vorkrisenniveau.

"Die deutsche Wirtschaft startet wenig zuversichtlich ins Jahr", sagte Wohlrabe. Probleme beim Impfen sorgten für Ernüchterung. Zudem litten nicht nur Restaurants, Hotels und der Einzelhandel unter dem Lockdown, sondern auch Dienstleister im Transport- und Logistikbereich. "Die vom Lockdown geprägte wirtschaftliche Realität schlägt zurück", betonte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. LBBW-Chefökonom Uwe Burkert sieht es vor allem als Dämpfer, dass die Firmen nun wieder skeptischer nach vorne blicken als ohnehin schon. "Das kratzt an dem Szenario, dass mit den Impffortschritten bis Sommer bereits eine deutliche Entlastung zu spüren sein wird." DekaBank-Experte Andreas Scheuerle sagte, die Meldungen über das immer stärkere Umsichgreifen der Virus-Mutationen in Europa dürften die Firmen verunsichern. "Denn damit steigt die Wahrscheinlichkeit strengerer Maßnahmen hierzulande und bei unseren Nachbarn."

INDUSTRIE TROTZ DÄMPFER "SEHR GUT AUFGESTELLT"

Im Verarbeitenden Gewerbe sank das Ifo-Barometer nach zuletzt acht Anstiegen in Folge. Die Industrie bleibe aber "sehr gut aufgestellt", sagte Wohlrabe. "Sie will mehr produzieren, ihre Exporterwartungen sind zudem gestiegen." Besonders Elektroindustrie und Maschinenbauer stünden gut da. "Was massiv eingebrochen ist, ist der Einzelhandel", sagte Wohlrabe. "Nur die Supermärkte leiden nicht - die machen gerade das Geschäft ihres Lebens." Die Menschen essen und kochen mehr zu Hause.

Auch im Bauhauptgewerbe trübte sich die Stimmung laut Ifo im Januar ein. Der Lockdown seit Ende 2020 bremst die Branche. So setzten die Betriebe zwar im November mehr um, sammelten aber spürbar weniger Aufträge ein: Das Minus zum Vorjahresmonat lag bei 2,3 (real: 5,9) Prozent. "Wir sehen eine ähnliche Entwicklung wie bereits im Frühjahr des letzten Jahres während des ersten Lockdowns", sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB). Die Bestellungen hätten vor allem im Wirtschaftsbau nominal mit gut 14 Prozent massiv verloren, während der Wohnungsbau weiter boome.

Die deutsche Wirtschaft war 2020 wegen der Corona-Pandemie mit fünf Prozent so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr und schrumpfte zugleich erstmals seit elf Jahren. Die Bundesregierung hat bisher für 2021 offiziell mit einem Wachstum von 4,4 Prozent gerechnet, dürfte ihre Prognose aber im neuen Jahreswirtschaftsbericht, der am Mittwoch ansteht, auf drei Prozent senken, wie Reuters vorige Woche erfahren hatte.

Während das Ifo für das aktuelle Quartal mit einer Stagnation rechnet, fürchtet Commerzbanker Krämer mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um fast zwei Prozent. Ab Frühjahr werde es dann aber eine kräftige Erholung geben, die laut Krämer 2021 noch zu 4,5 Prozent Wirtschaftswachstum führen dürfte. Ifo-Chef Fuest rechnet zwar mit mehr Firmenpleiten. "Aber wir können ohne eine massive Insolvenzwelle durch diese Pandemie kommen, wenn wir es richtig angehen", sagte er im ZDF. Wichtig sei, viel mehr zu testen, mehr zu impfen und Finanzhilfen rasch an betroffene Firmen zu zahlen.