BERLIN (Dow Jones)--Von der aktuell hohen Inflation sind Familien und Paare mit mittlerem Einkommen derzeit am stärksten betroffen. Das ist das Ergebnis des IMK Inflationsmonitors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der erstmals vorstellt wird. Dennoch sei aufgrund der hohen Energiepreise ein Zuschuss für Haushalte mit niedrigen Einkommen sinnvoll, da diese unter den hohen Strom-, Gas und Ölpreisen besonders litten.

Für Familien mit Kindern sowie kinderlose Paare mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3.600 und 5.000 Euro stieg die Teuerungsrate im Dezember vergangenen Jahres um 5,5 Prozent, so Berechnungen des IMK. Dagegen wiesen Alleinstehende mit niedrigen monatlichen Nettoeinkommen von unter 900 Euro die im Vergleich geringste haushaltsspezifische Teuerungsrate mit 4,4 Prozent auf.

Auch für Singles mit hohen und mittleren Einkommen von 1.500 bzw. über 2.000 Euro lagen die Raten mit 4,7 bzw. 5,0 Prozent im Dezember etwas unter der allgemeinen Preissteigerung von 5,3 Prozent. Bei Familienhaushalten mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen von bis zu 2.600 Euro waren es 5,3, bei Familien mit höherem Einkommen von monatlich über 5.000 Euro lag die Inflationsrate bei 5,4 Prozent. Bei den Inflationsraten für das gesamte Jahr 2021 zeigt sich laut IMK ein ähnliches Muster auf deutlich niedrigerem Niveau.

"Grob zusammengefasst lässt sich schlussfolgern, dass die Inflation gegenwärtig nicht überproportional Haushalte mit geringeren Einkommen trifft", sagte die IMK-Geldpolitikexpertin Silke Tober.


   Hilfe für Einkommensschwache bei Energiekosten 

Allerdings erweise sich die vergleichsweise niedrigere Inflationsrate bei Alleinstehenden mit geringem Einkommen als zweischneidig. Denn diese Haushalte seien stark von den erheblichen Preisanstiegen bei Lebensmitteln und insbesondere Haushaltsenergie betroffen - Güter des Grundbedarfs, deren Konsum sie kaum reduzieren könnten.

"Dass ihre haushaltsspezifische Inflation derzeit unterdurchschnittlich ausfällt, liegt vor allem schlicht daran, dass sie sich andere Waren und Dienstleistungen, deren Preise ebenfalls stark zugelegt haben, ohnehin nicht leisten können. Das gilt vor allem für Benzin und andere Ausgaben fürs Auto sowie beispielsweise für Reisen", so das IMK.

Auch wenn das IMK in diesem Jahr einen weiteren deutlichen Anstieg der Energiepreise eher für unwahrscheinlich hält, rät Tober der Politik, die Entwicklung genau im Blick zu behalten und über Hilfen für Haushalte mit niedrigen Einkommen nachzudenken.

"Gerade für Menschen mit geringem Einkommen stellen die aktuell hohen Energiepreise eine große Belastung dar. Das gilt selbst für Menschen in der Hartz-IV-Grundsicherung, da hier zwar die üblichen Heizkosten, nicht aber die Stromkosten vom Staat übernommen werden", sagte die Ökonomin. "Ein Zuschuss für Geringverdienende, insbesondere jene mit Kindern, ist daher in der aktuellen Situation eine sinnvolle verteilungspolitische Maßnahme."

In dem neuen IMK Inflationsmonitor, der künftig monatlich veröffentlich werden soll, werden acht repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2.000-2.600 Euro), mittlerem (3.600-5.000 Euro), höherem (mehr als 5.000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1.500-2.000 Euro), höherem (2.000-2.600 Euro) und hohem (mehr als 5.000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich netto.

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January 21, 2022 03:56 ET (08:56 GMT)