Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Grünen haben für den Fall einer Regierungsbeteiligung ein Klimaschutz-Sofortprogramm angekündigt, mit dem in den ersten Monaten entscheidende Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele auf den Weg gebracht werden sollen. Unter anderem will die Partei mit dem Paket, das ihre Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck vorstellten, ein Klimaministerium schaffen, den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen, eine Ausbauoffensive für erneuerbare Energien und eine beschleunigte Förderung für energetische Gebäudesanierungen starten sowie den CO2-Preis bei Wärme und Verkehr auf 60 Euro ab 2023 vorziehen.

"Alle Kraft auf den Klimaschutz zu legen, bedeutet, alle Kraft auf die Zukunftsfähigkeit des Landes zu legen", sagte Baerbock. "Der Handlungsdruck ist hoch", konstatierte Habeck. Ziele ohne Maßnahmen, wie von der Bundesregierung verfolgt, seien aber "brotlose Kunst". Die gesamte Bundesregierung soll nach dem Paket "ihre ganze Kraft und die Arbeit aller Ressorts auf die Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe ausrichten". Im Kabinett werde das größte Klimaschutzpaket beschlossen, das es jemals gegeben habe.

Den kommenden Bundeshaushalt wollten die Grünen "zu einem Klimaschutzhaushalt machen", kündigten sie an. "Dazu erhöhen wir zu Beginn unserer Investitionsoffensive die Investitionen in Klimaschutz um 15 Milliarden Euro zusätzlich." Besonders wichtige Programme seien Investitionen in klimaneutrale Infrastrukturen, in Ladesäulen, einen Ausbau von Bahn-, Fuß- und Radverkehr, emissionsfreie Busse, in Energiespeichertechnologien, erneuerbare Energien und moderne Stadtentwicklung sowie Gebäudesanierung und Energienetze.


   Einnahmen sollen als Energiegeld zurückfließen 

Laut dem Sofortprogramm will die Partei zudem über eine Novelle des Brennstoffemissionshandelsgesetzes den CO2-Preis bei Wärme und Verkehr auf 60 Euro ab 2023 vorziehen, im Gegenzug aber einen sozialen Ausgleich schaffen, indem die Einnahmen aus dem CO2-Preis den Menschen vollständig zurückgegeben werden sollen - "als Energiegeld, das wir jährlich pro Kopf auszahlen, und über eine Absenkung der EEG-Umlage". Ein Klimabonus-Fonds soll zudem gezielt die unterstützen, "für die der Weg in die Klimaneutralität finanziell nicht einfach zu stemmen ist".

Eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll bei der Solarenergie die Ausbauziele für 2022 auf 12 Gigawatt pro Jahr und bei Wind an Land auf 6 Gigawatt pro Jahr erhöhen, "um sie im Weiteren gegenüber dem heutigen Stand zu verdreifachen". Eine Solarpflicht beim Neubau, bei öffentlichen Gebäuden und Gewerbegebäuden und bei umfangreichen Sanierungen soll im Gebäudeenergiegesetz verankert werden. Für Windkraft sollen nach neuen Planungen 2 Prozent der Landesfläche bereitstehen. Planungen und Genehmigungen sollen gestrafft und durch verbindliche Fristvorgaben und Standardisierung der artenschutzrechtlichen Vorgaben vereinfacht werden.

Weil Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit "Hand in Hand gehen" müssten, treten die Grünen für eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro und ein "Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld" ein, wie Habeck ankündigte. Baerbock betonte, um Abstimmungsprozesse innerhalb der Ministerien zu beschleunigen, solle in den ersten 100 Tagen eine Klima-Taskforce der Regierung im Wochenrhythmus tagen - unter Federführung eines Klimaschutzministeriums, das ein Vetorecht gegenüber den anderen Ressorts für Gesetze besitzen soll, die nicht dem Pariser Klimaschutzabkommen entsprechen.

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August 03, 2021 08:07 ET (12:07 GMT)