Der Nettogewinn des weltgrößte Elektroautobauers sprang im vierten Quartal um knapp 60 Prozent auf 3,7 Milliarden Dollar, wie der US-Konzern am Mittwochabend mitteilte. Trotz sinkender Gewinnmargen je Fahrzeug lag Tesla damit leicht über den Erwartungen an der Wall Street. Auch der Umsatz legte kräftig zu. Das selbst gesteckte Ziel, die Auslieferungen im Gesamtjahr um 50 Prozent zu steigern, verfehlte Tesla trotz des Rekords im vierten Quartal jedoch. Mit den vor kurzem massiv gesenkten Preisen kurbelt der Autobauer die Nachfrage nun zwar an. Nach Meinung von Analysten nehmen dadurch aber die Restwert-Risiken zu. Gleichzeitig weitet Tesla seine Produktionskapazitäten weiter aus.

"Seine Kapazitäten kann Musk nur auslasten, wenn er in den Preiskrieg geht", sagt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer. Durch die Preisabschläge von bis 20 Prozent sinke der Wert der Fahrzeuge. "Sie kriegen damit Leasing-Bomben." Dadurch könne Tesla im Leasing-Geschäft in eine kritische Lage geraten. Hinzu komme, dass das Image von Musk durch dessen Twitter-Eskapaden angekratzt sei. Twitter allein würde Tesla nicht zu Fall bringen, meint Dudenhöffer. "Es kann aber passieren, dass Musk noch mehr Geld braucht und er noch mehr von seinen Tesla-Aktien verkaufen muss."

MUSK: "ICH BIN VIELLEICHT BEI EINIGEN NICHT BELIEBT"

Musk versuchte Befürchtungen zu zerstreuen, er könne sich durch sein Engagement bei dem Kurznachrichtendienst verzetteln. Umfrageergebnisse, wonach seine politischen Kommentare auf Twitter der Marke schadeten, wies er zurück. "Ich bin vielleicht bei einigen nicht beliebt", sagte er in einer Telefonkonferenz. "Aber bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen spricht meine Anzahl an Followern für sich." Musk hat bei Twitter 127 Millionen Anhänger.

Mit Blick auf die Preissenkungen bei Tesla sagte Musk, diese machten für den Verbraucher einen Unterschied. Die Nachfrage sei im Januar etwa doppelt so hoch wie die Produktion gewesen und die Verkäufe könnten in diesem Jahr die Zwei-Millionen-Marke erreichen, wenn keine externen Störungen aufträten, erklärte der Milliardär. Für das laufende Jahr stellte er 1,8 Millionen Auslieferungen in Aussicht, knapp 40 Prozent mehr als 2022. Am langfristigen Ziel, jedes Jahr um die Hälfte zu wachsen, hält Musk fest - trotz einer zögerlichen Nachfrage im Zuge von steigenden Zinsen und Rezessionsängsten. 2022 wuchsen die Erlöse um 51 Prozent auf 71 Milliarden Dollar. Der Reingewinn kletterte um 128 Prozent auf 12,6 Milliarden Dollar.

PREISSENKUNGEN SETZEN KONKURRENZ UNTER DRUCK

Mit seinen Preissenkungen setzt Tesla darauf, dass Konkurrenten wie Ford und Volkswagen sowie aufstrebende Start-ups wie Rivian und Lucid trotz steigender Rohstoffkosten nachziehen und ihre Preise ebenfalls senken. In China gibt es bereits Anzeichen, dass die Strategie greift: Die Hersteller Xpeng und Seres haben als Reaktion ebenfalls ihre Preise gesenkt, um im Wettbewerb mithalten zu können. Sie geraten dadurch in eine Zwickmühle.

Unterdessen fährt Tesla seine beiden neuen Fabriken in Austin (Texas) und Grünheide bei Berlin hoch. Das Werk in Shanghai ist nahezu ausgelastet. Die Ertragskraft des US-Konzerns reicht immer noch aus, um das Produktionsnetz noch enger zu knüpfen: Für 3,6 Milliarden Dollar sollen im US-Bundesstaat Nevada zwei neue Giga-Fabriken entstehen. In einem der Werke soll der mehrmals aufgeschobene Sattelschlepper "Semi Truck" vom Band rollen.

Die Produktion des Cybertruck, einem futuristischen Elektro-Pickup, soll im nächsten Jahr starten. Experten sind der Meinung, dass Tesla neue Modelle braucht, um die Käufer bei Laune zu halten. Die aktuellen Fahrzeuge brauchten zudem "dringend Updates über die Software hinaus", sagte Jessica Caldwell von der Unternehmensberatung Edmunds. Musk will bei einem Investorentag im März Pläne für eine "Fahrzeugplattform der nächsten Generation" präsentieren.

Die Anleger hatten sich im vergangenen Jahr wegen der Wirrungen um die Twitter-Übernahme durch Musk vom einstigen Börsenliebling abgewandt. "Was hoch steigt, kann tief fallen - nicht nur im Kurs, sondern auch in der Gunst der Anleger", schrieb Konstantin Oldenburger von CMC Markets in einem aktuellen Kommentar. "Das Minus von über 70 Prozent in der Aktie des E-Auto-Pioniers Tesla hat tiefe Spuren im Sentiment der wohl treuesten Fans an der Börse hinterlassen." Mit seiner Quartalsbilanz entkräftete Tesla die Zweifler nun: Im vorbörslichen Handel notierte das Papier zeitweise mehr als sieben Prozent im Plus.

(Bericht von Akash Sriram, Jan C. Schwartz, Katharina Loesche und Scot W. Stevenson, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Jan Schwartz und Akash Sriram