BERLIN (dpa-AFX) - EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni hat die Haltung Brüssels im Streit mit Polen um den Vorrang des einzelstaatlichen oder gemeinschaftlichen Rechts verteidigt. "Der Vorrang des EU-Rechts vor dem nationalen Recht, einschließlich der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, ist ein Grundprinzip unserer Rechtsordnung", sagte Gentiloni dem "Handelsblatt" und anderen europäischen Wirtschaftsmedien am Dienstag. Urteile des Europäischen Gerichtshofs seien für alle Organe der Mitgliedstaaten verbindlich. Dieses Prinzip hatte das polnische Verfassungsgericht jüngst infrage gestellt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Dienstag im EU-Parlament Polen vorgeworfen, gemeinsame Werte aufs Spiel zu setzen, und Warschau ein Vertragsverletzungsverfahren und die Kürzung von EU-Mitteln angedroht. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte der EU-Kommission "Erpressung" vorgeworfen und erklärt, sein Land werde im Streit um das Verhältnis von EU-Recht zu nationalem Recht nicht einlenken.

Gentiloni betonte, dass es im Streit mit Polen um die Freigabe der Corona-Wiederaufbaumittel nicht um den Rechtsstaatsabbau gehe. Damit befasse sich die Kommission separat. Warschau müsse Empfehlungen umsetzen, die die Kommission 2019 im Rahmen einer Länderanalyse gegeben habe. "Es ist nicht unsere Absicht, irgendwen - entschuldigen Sie die Wortwahl - zu erpressen. Sondern sicherzustellen, dass die vorgeschriebenen Regeln akzeptiert werden", sagte er./hn/DP/he