(mit Normandie-Gesprächen)

BRÜSSEL/MOSKAU/WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach langem Drängen Moskaus haben die Nato und die USA im Konflikt um die Ukraine auf Forderungen Moskaus nach Garantien für die Sicherheit in Europa geantwortet. Die schriftlichen Antworten der US-Regierung auf die Sorgen Moskaus sind nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken vollständig mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten abgestimmt. "Wir haben ihren Input eingeholt und in die endgültige Fassung, die Moskau übermittelt wurde, eingearbeitet", sagte Blinken am Mittwoch.

Im Ukraine-Konflikt kamen zudem Spitzendiplomaten in Paris zu Verhandlungen über eine Lösung der Krise zusammen. Die mehr als achtstündigen Gespräche blieben jedoch ohne konkrete Ergebnisse. Betont wurde eine angestrebte Festigung der Waffenruhe.

Das russische Außenministerium bestätigte den Erhalt des US-Schreibens. Zu den Inhalten wurde zunächst nichts bekannt. Zuvor hatte auch die Nato mitgeteilt, dass sich die Mitgliedstaaten auf eine Antwort zu Russlands Forderungskatalog geeinigt hätten. Bei der US-Initiative handelte es sich um ein zusätzliches Schreiben.

Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki betonte, die Schreiben aus Brüssel und Washington müssten erst einmal untersucht werden. "Aber nach den Aussagen des Generalsekretärs der Allianz und des US-Außenministers wurden die Sicherheitsbedenken Russlands nicht berücksichtigt", kritisierte er.

Die Nato bot Russland Verhandlungen über eine Verbesserung der Beziehungen an, will allerdings nicht auf Moskaus Forderungen nach einem Stopp der Osterweiterung eingehen. "Wir sind bereit, uns die Sorgen Russlands anzuhören und eine echte Diskussion darüber zu führen, wie wir die fundamentalen Prinzipien der europäischen Sicherheit (...) bewahren und stärken können", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Dazu gehöre aber auch das Recht aller Staaten, selbst über ihren Weg zu entscheiden.

Nach Angaben von Stoltenberg hat die Nato der russischen Regierung am Mittwoch konkret vorgeschlagen, die nach einem Spionage-Streit geschlossenen Vertretungen in Moskau und Brüssel wieder zu öffnen. Zudem wolle man die bestehenden militärischen Kommunikationskanäle in vollem Umfang nutzen, um die Transparenz zu fördern und Risiken zu verringern. Konkret schlage man vor, in einem ersten Schritt im Nato-Russland-Rat gegenseitige Unterrichtungen zu Manövern und Atompolitik vor. "Wir lesen. Studieren. Die Partner unseres Projekts studierten unser Projekt fast anderthalb Monate lang", sagte Russlands Vize-Außenminister Alexander Gruschko.

Russland hatte der Nato und den USA im vergangenen Monat den Entwurf einer Vereinbarung übergeben, in der der Kreml Sicherheitsgarantien in Europa verlangt. Unter anderem wird darin ein Ende der Nato-Osterweiterung gefordert, durch die sich Russland bedroht sieht. Insbesondere will der Kreml eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern. Die USA und die Nato verdächtigen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederum, einen Einmarsch in die benachbarte Ukraine zu planen. Der Kreml weist das zurück. Seine Forderungen an den Westen hatte der Kreml mit einem bedrohlichen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine flankiert.

Auch die US-Regierung erteilte der russischen Forderung nach verbindlichen Zusagen für ein Ende der Nato-Ausweitung erneut eine Absage. Es sei deutlich gemacht worden, "dass es Kernprinzipien gibt, zu deren Wahrung und Verteidigung wir uns verpflichtet haben", sagte US-Außenminister Blinken. Dazu gehörten die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sowie das Recht von Staaten, ihre eigenen Bündnisse zu wählen.

Blinken zeigte sich im Ukraine-Konflikt von der deutschen Solidarität "absolut überzeugt". "Ich sehe eine sehr starke Solidarität in Bezug auf die Konsequenzen, die auf Russland zukommen werden, wenn es seine Aggression gegen die Ukraine erneuert, und zwar auf der ganzen Linie. Und das schließt Deutschland ein", sagte er in Washington. "Ich bin von der deutschen Solidarität absolut überzeugt (...)." Blinken reagierte damit auf die Frage nach Kritik an Deutschlands Plan, 5000 Militärhelme in die Ukraine zu liefern.

Die Helme seien ein "ganz deutliches Signal: Wir stehen an Eurer Seite", sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Der Ukraine, die Waffenlieferungen im großen Stil für die Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff gefordert hatte, reicht das aber bei weitem nicht aus. Der Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von einem "Tropfen auf dem heißen Stein". Noch deutlicher wurde Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko: "5000 Helme sind ein absoluter Witz", sagte er der "Bild". "Was will Deutschland als nächstes zur Unterstützung schicken? Kopfkissen?" Unter anderem die USA und Großbritannien beliefern die ukrainische Armee mit Waffen.

Auch in Moskau werden angesichts der zunehmenden Eskalation im Ukraine-Konflikt Waffenlieferungen diskutiert - an die prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Die Kremlpartei Geeintes Russland schlug vor, die abtrünnigen Gebiete in Luhansk und Donezk offiziell mit Militärgütern zu versorgen.

Vor dem Hintergrund der vielen Probleme wurde es als kleiner Hoffnungsschimmer gewertet, dass Russland und die Ukraine erstmals seit Beginn der aktuellen Spannungen im sogenannten Normandie-Format zusammenkamen. Moskau rief Kiew dabei zum Dialog mit den Kräften im Krisengebiet Donbass auf. Der Moskauer Unterhändler Dmitri Kosak kritisierte außerdem, dass die ukrainische Regierung bis heute keine Perspektive für die umkämpften Teile der Regionen Luhansk und Donezk vorgelegt habe.

Kosak beklagte, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf den Minsker Friedensplan gebe. Eine Umsetzung der Beschlüsse von Minsk sei aber die Voraussetzung für die gewaltfreie Lösung des Konflikts. Der Kiewer Unterhändler Andrij Jermak bestätigte, dass es erhebliche Meinungsdifferenzen zwischen Moskau und Kiew gebe. Zugleich begrüßte er: "Wir sehen, dass die Waffenruhe funktioniert, es gibt ein paar Provokationen, aber sie funktioniert." Es werde vor allem weiter an Mechanismen für ihre Festigung gearbeitet. Jermak sagte, das nächste Treffen sei in Berlin geplant./haw/DP/he