FRANKFURT (Dow Jones)--Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire will die Schuldenregeln in der Eurozone lockern. "Die Schuldenregeln müssen sich an der Realität orientieren, nicht an Träumen", sagte Le Maire der Tageszeitung Die Welt. "Der Stabilitäts- und Wachstumspakt als Ganzes ist nicht überholt, aber die Regel für die Staatsverschuldung ist es."

In der Corona-Pandemie sei die Schuldenlast der am höchsten verschuldeten Staaten stark gestiegen. "Nach der Krise haben einige Mitgliedstaaten eine Staatsverschuldung von 168 Prozent erreicht, während andere bei etwa 60 bis 65 Prozent geblieben sind. Das bedeutet, dass zwischen ihnen eine Kluft von 100 Prozent besteht. Das müssen wir berücksichtigen", führte Le Maire in dem Interview aus. "Wie können wir mit dieser Situation umgehen? Nicht, indem wir alle unsere Regeln fallen lassen, sondern indem wir sie an diese neue Realität anpassen."

So erwägt Le Maire, Mitgliedstaaten künftig stärker selbst bestimmen zu lassen, wie sie ihre Staatsverschuldung abbauen. Nach dem Konzept der Eigenverantwortung sollte es den Mitgliedstaaten selbst überlassen bleiben, Meilensteine und notwendige Änderungen ihrer Wirtschaftspolitik zu definieren, die es ihnen ermöglichen, zu gesunden Finanzen zurückzukehren. "Aus politischer Sicht halte ich dies für interessant", sagte Le Maire der Welt.

Der Politiker zeigte offen für den Vorschlag, künftig bestimmte Investitionen, etwa in Klimaschutz oder Digitalisierung, bei den Schuldenregeln auszuklammern. "Oberste Priorität hat ein hohes Wachstum nach der Krise. Dann werden wir die Diskussion über den Wachstums- und Stabilitätspakt führen, und dabei wird es auch darum gehen, dass wir mehr investieren müssen", sagte Le Maire.

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January 16, 2022 13:00 ET (18:00 GMT)