Düsseldorf (Reuters) - Die Flutkatastrophe hat bei der Deutschen Bahn nach einer ersten Schätzung Schäden von rund 1,3 Milliarden Euro verursacht.

"Wir stehen vor einem gewaltigen Kraftakt", sagte der Vorstand Anlagen- und Instandhaltungsmanagement der DB-Tochter Netz AG, Volker Hentschel, am Freitag. "In dieser Dimension wurde unsere Infrastruktur noch nie auf einen Schlag zerstört." Für den Löwenanteil der Schäden habe die Bahn wohl keinen Versicherungsschutz. Er sei aber zuversichtlich, dass der Bund und die Länder dem Konzern bei der Bewältigung unter die Arme greifen würden. Dies hätten sie auch in der Vergangenheit getan. Gespräche mit dem Bund liefen bereits. Bahn-Kunden können indes zumindest mit Blick auf ihre Kosten aufatmen: "Ich gehe im Moment nicht davon aus, dass die Beseitigung der Schäden Auswirkungen auf die Ticket-Preise haben wird."

Schwere Regenfälle hatten in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Überflutungen ausgelöst. In den Wassermassen kamen mehr als 120 Menschen ums Leben, viele werden noch vermisst. Gebäude und Infrastruktur wurden zerstört. Dies traf auch die Bahn. Besonders gravierend seien die Schäden an über 50 Brücken, sagte Hentschel. Die Fluten hätten auch Stationen und Haltepunkte sowie die Technik stark in Mitleidenschaft gezogen. 180 Bahnübergänge, knapp 40 Stellwerke, mehr als 1000 Oberleitungs- und Signalmasten, Energieanlagen sowie Aufzüge und Beleuchtungsanlagen in den Bahnhöfen seien betroffen. Grundsätzlich seien "mindestens zwei Drittel von Nordrhein-Westfalen durch ganz viele punktuelle Schäden betroffen", sagte Bernd Köppel, Leiter Infrastrukturprojekte der DB in der Region West - mit großen Auswirkungen auf den Bahn-Verkehr. Schwere Zerstörungen habe es aber etwa auch im Ahrtal im benachbarten Rheinland-Pfalz gegeben.

"Unser Ziel ist es, dass wir etwa 80 Prozent der beschädigten Infrastruktur bis Jahresende wieder auf Vordermann bringen können", sagte Hentschel. Geduld haben müssten Unternehmen etwa aus der Stahl-Branche in NRW, die beim Transport ihrer Güter auf die Schiene angewiesen sind. Es gebe noch keinen Termin, wann die Infrastruktur wieder stehe. Die Bahn prüfe aber aktuell, welche anderen Logistikkonzepte möglich seien. Die Stahlkocher von Thyssenkrupp und andere Unternehmen der Branche kämpfen nach den Überflutungen in NRW mit Engpässen in der Versorgung und können teils Verpflichtungen gegenüber Abnehmern nicht mehr nachkommen. Thyssenkrupp hat gegenüber seinen Kunden bereits Höhere Gewalt ("Force Majeure") geltend gemacht.

Bei der Beseitigung der Schäden solle auch darauf geachtet werden, das Streckennetz widerstandsfähiger gegen Naturkatastrophen zu machen, sagte Hentschel: "Natürlich haben wir aus den letzten Flutkatastrophen gelernt." Das könne aber auch die Kosten deutlich treiben, wenn etwa eine neue Trasse weiter abseits eines Flusses gebaut werden müsse.