Zürich (awp) - Die Finanzmarktaufsicht Finma trifft in mehreren Fällen von Initial Coin Offerings (ICO) Abklärungen, ob aufsichtsrechtliche Bestimmungen verletzt worden sind. Sie hat zudem eine Aufsichtsmitteilung zu dem Thema publiziert, in der sie auch die Anleger vor den Risiken solcher ICOs warnt. Die in der Schweiz durchgeführten ICOs seien in der letzten Zeit markant gestiegen, stellt die Finma in einer Mitteilung vom Freitag mit.

Bei den ICOs, die verschiedentlich auch als "Token Generating Event" (TGE) oder als "Token Sale" bezeichnet werden, handelt es sich um eine digitale Form der öffentlichen Kapitalbeschaffung über die Blockchain-Technologie. Dabei verkaufen Unternehmen digitale "Coins" oder "Tokens" an Anleger gegen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether.

KEINE ANGABEN ÜBER EINZELFÄLLE

Zurzeit bestünden weder international noch in der Schweiz spezifische Vorschriften zu den ICO, schreibt die Finma. Allerdings gebe es je nach Ausgestaltung eines solchen ICO "verschiedene Anknüpfungspunkte" zum geltenden Aufsichtsrecht. Die Behörde nehme derzeit "Abklärungen in mehreren unterschiedlichen Fällen vor". Nähere Auskünfte darüber, welche Unternehmen betroffen sind, wollte ein Sprecher auf Anfrage allerdings nicht machen.

Die konkrete Ausgestaltung von ICOs unterscheide sich im Einzelfall sehr stark, räumt die Finma ein. Das Aufnehmen von Geld für eigene Zwecke - ohne die Zwischenschaltung einer Plattform oder eines Emissionshauses - sei grundsätzlich aufsichtsrechtlich unreguliert, wenn keine Rückzahlungspflicht besteht, kein Zahlungsmittel ausgegeben werde und kein Sekundärhandel stattfinde.

ANKNÜPFUNGSPUNKTE AN GELTENDES RECHT

Abhängig von der Ausgestaltung könnten bei einem ICO aber verschiedene Anknüpfungspunkte zum geltenden Aufsichtsrecht bestehen. ICOs könnten nicht zuletzt mit Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung in Konflikt kommen. Aber auch Bestimmungen des Bankenrechts, Bestimmungen über den Effektenhandel und solche des Kollektivanlagenrechts sind laut Finma zu beachten. Es sei "wahrscheinlich, dass verschiedene ICO-Modelle in den Anwendungsbereich von zumindest einem dieser Finanzmarktgesetze fallen".

Unternehmen oder Personen, die ICOs durchführen wollten, hätten die Einhaltung der Finanzmarktgesetze sicherzustellen, betont die Finma. Sie empfiehlt diesen deshalb, sich vor Lancierung eines ICO entsprechend zu informieren.

An die Adresse der Anleger verweist die Finma darauf, dass die im Rahmen eines ICO erworbenen Coins respektive Tokens einer hohen Preisvolatilität unterliegen könnten. Auch bestünden aufgrund des frühen Stadiums vieler ICOs "grosse Unsicherheiten" in Bezug auf die zu finanzierenden Projekte. "Die Finma kann nicht ausschliessen, dass ICO-Aktivitäten, insbesondere aufgrund der aktuellen Marktentwicklung, in betrügerischer Absicht erfolgen."

VERBOTE IN CHINA UND SÜDKOREA

Das Volumen der ICO beläuft sich weltweit im laufenden Jahr gemäss der Statistik der Online-Publikation "Coindesk" bereits auf gegen 2 Mrd USD. Zu den kapitalmässig grössten ICOs im laufenden Jahr zählten etwa dasjenige des Unternehmens Bancor über rund 150 Mio USD und dasjenige von Tezos mit einem Volumen von rund 230 Mio USD, die beide in Zug Stiftungen zur Verwaltung der eingesammelten Mittel errichtet haben.

In den letzten Wochen haben sich Aufsichtsbehörden verschiedener Länder verstärkt mit dem Thema befasst. So hatte etwa Mitte September die britische Finanzmarktaufsicht die Anleger vor den "sehr hohen Risiken" der ICO gewarnt. In China waren Anfang des Monats ICO sogar als illegal erklärt worden. Und als weiteres Land hat am Freitag laut diversen Medienberichten auch Südkorea sämtliche ICO verboten.

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