Frankfurt (Reuters) - Die von der aktuellen Ölpreis-Rally angefachten Inflationsängste setzen den europäischen Aktienmärkten zu.

Dax und EuroStoxx50 büßten am Dienstag jeweils ein Prozent auf 15.511,38 beziehungsweise 4046,15 Punkte ein. Gefragt war dagegen Gold, das sich um 0,7 Prozent auf 1804 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) verteuerte. Gleichzeitig kletterte das europäische Inflationsbarometer, der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward, zeitweise auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch.

Der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee stieg in der Spitze um 0,9 Prozent auf 77,84 Dollar je Barrel (159 Liter), den höchsten Stand seit fast drei Jahren. Die US-Sorte WTI gewann bis zu 2,4 Prozent und war mit 76,98 Dollar so teuer wie zuletzt im November 2014. Ausgelöst wurden die aktuellen Käufe durch die geplatzten Gespräche der Opec+, zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, über die Produktionsquoten. Damit bleiben Börsianern zufolge die aktuellen Beschränkungen in Kraft. "Es wäre nicht überraschend, wenn sich Brent der Marke von 100 Dollar nähert", warf Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade ein.

"Der Einfluss der höheren Ölpreise wird vorübergehen", prognostizierte Anlagestratege Sebastien Galy von der Vermögensverwaltung der Nordea Bank. "In einigen Wochen werden beide Seiten sicher zu einer Einigung kommen." Denkbar wäre auch, dass sich einige Opec-Mitglieder nicht mehr an die Förderbremse gebunden fühlten und die Produktion rasch hochfahren, sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg.

Die Wall Street zeigte sich bei ihrer Rückkehr aus dem verlängerten Wochenende von der Ölpreis-Entwicklung zunächst unbeeindruckt. Der breit gefasste S&P 500 markierte mit 4356,46 Punkten den achten Tag in Folge ein Rekordhoch. Im weiteren Handelsverlauf drehte er aber ins Minus.

PERSONALMANGEL GEFÄHRDET ZIELE VON SHOP APOTHEKE

Am deutschen Aktienmarkt verbuchten die Titel von Shop Apotheke mit einem Minus von 12,6 Prozent auf den größten Tagesverlust seit einem knappen Dreiviertel Jahr. Die Online-Apotheke habe enttäuschende Quartalsergebnisse vorgelegt und sehe wegen Personalmangels die Gesamtjahresziele in Gefahr, kommentierte Analyst Alexander Thiel von der Investmentbank Jefferies. Offenbar verliere das Unternehmen Marktanteile an den Rivalen Zur Rose. Dessen Aktien fielen in Zürich um 2,5 Prozent.

Unterdessen machte die härtere Gangart der chinesischen Regierung gegenüber den dortigen Technologiefirmen US-Anleger nervös. Die erst seit wenigen Tagen in den USA notierten Titel von Didi brachen um mehr als 20 Prozent ein. Die Regierung in Peking sperrte die App des Fahrdienst-Vermittlers für den Download. Sie wirft der Firma vor, illegal Nutzerdaten gesammelt zu haben. "Die Entscheidung der Behörden war offenbar darauf ausgelegt, maximalen Effekt und Peinlichkeit zu erzielen", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Im Sog von Didi verloren die Titel anderer chinesischer Firmen wie Alibaba, JD.com, Baidu oder iQIYI bis zu vier Prozent.