Frankfurt (Reuters) - Wieder hochkochende Zinssorgen haben die europäischen Aktienmärkte fest im Griff.

Dax und EuroStoxx50 notierten am Dienstagnachmittag jeweils 0,2 Prozent schwächer bei 14.420 beziehungsweise 3952 Zählern. Die US-Börsen eröffneten leicht schwächer. "Wir hatten eine beruhigende Tendenz - eine Straffung der Geldpolitik, die zu einer Verlangsamung des Wachstums und damit zu einer langsameren Inflation führte. Und dann bekamen wir die zwei wichtigen Konjunkturdaten, die in die andere Richtung gingen und diese Tendenz infrage stellten", sagte Samy Chaar, Chefökonom bei der Schweizer Privatbank Lombard Odier.

Zuletzt hatte ein überraschend starkes Wachstum des US-Dienstleistungssektors die Zinssorgen der Anleger verschärft. Bereits am Freitag versetzten unerwartet robuste Arbeitsmarktdaten aus den USA Spekulationen einen Dämpfer, die US-Notenbank könnte angesichts der jüngsten Anzeichen einer nachlassenden Inflation Tempo und Intensität ihrer Zinserhöhungen verringern. Auch die EZB wird die Zinsen laut ihrem Chefvolkswirt Philip Lane noch mehrfach anheben müssen, auch wenn die Inflation ihren Höhepunkt fast erreicht haben dürfte.

ÖLPREIS DREHT ERNEUT INS MINUS - ENERGIESEKTOR UNTER DRUCK

Die Zins- und Konjunkturängste belasteten auch den Ölmarkt. Der Preis für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent sowie US-Öl WTI gab jeweils 1,3 Prozent auf 81,61 Dollar und 75,91 Dollar pro Barrel (159 Liter) nach. Die Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel für das russische Öl, das über den Seeweg transportiert wird, hat dagegen bislang wenig Auswirkung auf den Markt. "Der Preisdeckel dürfte sich größtenteils als unwirksam erweisen, da es zu viele Umgehungsmöglichkeiten gibt und diese nur schwer zu verfolgen und zu ahnden sind. Deshalb sollte auch der Ölpreis davon zunächst nur wenig profitieren", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Online-Broker CMC Markets. Auch russische Drohungen zeigten zunächst keine Wirkung. Es sei noch nicht klar, was Russland tun kann oder will, um Unternehmen oder Länder zu bestrafen, die sich an den Sanktionen beteiligen.

Nachdem die Rohölpreise über Nacht bereits knapp 3,5 Prozent nachgegeben hatten, gerieten auch Unternehmen aus dem Öl- und Gassektor unter Druck. Die Branchenriesen Shell, BP und TotalEnergies büßten zwischen 0,8 und 2,5 Prozent ein.

FMC VON PLÖTZLICHEM FÜHRUNGSWECHSEL BELASTET

Im deutschen Aktienindex führte Fresenius Medical Care (FMC) die Verliererliste an. Nach nur gut zwei Monaten wird die Vorstandsvorsitzende Carla Kriwet durch die Finanzchefin Helen Giza an der Spitze des Dialyse-Konzerns ersetzt. Das Unternehmen nannte in der Nacht zum Dienstag "strategische Differenzen" als Grund für den abrupten Wechsel auf dem Chefsessel. "Hier gibt es eine Menge Ärger", konstatierte ein Händler. FMC-Aktien gaben 3,4 Prozent nach, seit April haben sie mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. In den USA legten die Aktien von General Electric nach einer Kaufempfehlung der Investmentbank Oppenheimer um 2,4 Prozent zu.

(Bericht von Zuzanna Szymanska und Stefanie Geiger. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)