Frankfurt (Reuters) - Die Alarmbereitschaft der russischen Atomstreitkräfte und die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen verschärfter westlicher Sanktionen gegen Russland setzen Europas Börsen zu.

Gleichzeitig verhalf die Aussicht auf eine Aufrüstung des Westens den heimischen Waffen-Produzenten zu Rekord-Kurssprüngen. Der Dax verlor am Montag 2,4 Prozent auf 14.221 Punkte, der EuroStoxx50 fiel um drei Prozent auf 3850 Zähler. Die Futures auf die US-Indizes gaben jeweils etwa ein Prozent nach.

Die durch den russischen Einmarsch in die Ukraine ausgelöste Rohstoff-Rally heize die Inflation an und dämpfe das Wachstum der Wirtschaft, warnte Chris Iggo, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Axa Investment Managers. "Daher müssen die weltweiten Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt nach unten korrigiert werden, und die Märkte müssen ihre Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung der Zinssätze, das Kreditrisiko und die Unternehmensgewinne neu bewerten."

RÜSTUNGSWERTE IM AUFWIND - BANKEN UNTER DRUCK

Bei Rüstungsfirmen spekulierten Anleger dagegen auf sprudelnde Gewinne. So will Deutschland einmalig 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr stecken und künftig jährlich mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Wenn die Nato-Staaten allein Letzteres umsetzten, würde dies insgesamt zu einem Anstieg der Rüstungsausgaben um 25 Prozent führen, rechnete Analystin Chloe Lemarie von der Investmentbank Jefferies vor. Die USA seien dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Dies bescherte Rheinmetall einen Rekord-Kurssprung von knapp 50 Prozent. Die Aktien des Herstellers des "Leopard 2"-Panzers notierten mit 160 Euro zeitweise so hoch wie nie. Die Titel des Rüstungselektronik-Anbieters Hensoldt stiegen um fast 90 Prozent und die seines Großaktionärs Leonardo um rund 18 Prozent. In London gewannen die Papiere von BAE Systems knapp 16 Prozent auf ein Rekordhoch von 756 Pence und steuerten damit auf den größten Tagesgewinn seit 35 Jahren zu. In Paris legten die Aktien von Thales etwa 16 Prozent zu.

Gleichzeitig rutschte der europäische Banken-Index um sechs Prozent ab. Zu den größten Verlierern zählten hier Institute mit einem großen Russland-Geschäft. So fielen die Titel der österreichischen Raiffeisen Bank um bis zu 18,5 Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Tief von 13,90 Euro. Die Papiere der HVB-Mutter UniCredit notierten zwölf Prozent schwächer. "Der Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehr bedeutet, dass diese Finanzinstitute ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren europäischen Gläubigern nicht mehr begleichen können", sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Mit EU-weit 75 Milliarden Dollar seien diese Außenstände aber überschaubar.

RUBEL TROTZ NOT-ZINSERHÖHUNG AUF TALFAHRT

Am Devisenmarkt ging der Rubel in den freien Fall über. Im Gegenzug stieg der Dollar im russischen Inlandshandel um mehr als 31 Prozent auf ein Rekordhoch von 109,19 Rubel. Das ist der größte Kurssprung seiner Geschichte. Daran änderte auch eine außerplanmäßige Verdoppelung des Leitzinses auf 20 Prozent durch die russische Notenbank nichts. Parallel dazu büßten russische Staatsanleihen mehr als die Hälfte ihres Wertes ein. Dadurch verdoppelte sich die Rendite der Bonds mit Laufzeiten bis 2024 und 2043 auf 17,073 beziehungsweise 20,003 Prozent.

Da der Moskauer Aktienmarkt geschlossen blieb, konzentrierte sich der Ausverkauf auf im Ausland börsennotierte Fonds russischer Werte. So stürzten die ETFs von JPMorgan, iShares und VanEck um bis zu 25 Prozent ab.

Bundesanleihen standen dagegen als "sicherer Hafen" hoch im Kurs. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf 0,2 Prozent. Gold war ebenfalls gefragt. Mit einem Plus von zeitweise 2,2 Prozent auf 1928,32 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) steuerte das Edelmetall auf den größten Tagesgewinn seit etwa einem Jahr zu.

Bei anderen Rohstoffen treibe die Furcht vor Lieferausfällen die Preise, sagte Stephen Innes, Partner beim Vermögensverwalter SPI. So stand die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee mit einem Plus von zeitweise 7,3 Prozent auf 105,07 Dollar je Barrel (159 Liter) vor dem größten Tagesplus seit fast eineinhalb Jahren. Der europäische Terminkontrakt auf Erdgas stieg um bis zu 35 Prozent auf 125 Euro je Megawattstunde, lag damit aber noch rund 50 Prozent unter seinem Höchstwert vom Dezember. Für eine Drosselung oder gar Einstellung russischer Gas-Exporte nach Europa gebe es bislang keinen Anhaltspunkt, gab Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch zu bedenken.