Frankfurt (Reuters) - Nach den weltweiten Börsenturbulenzen zum Wochenstart haben manche Anleger in Europa wieder Mut gefasst.

Der Panik folge eine erste Beruhigung, kommentierte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. Dax und EuroStoxx50 zogen am Dienstag in der Spitze um rund ein Prozent auf 17.500 und 4608 Punkte an. "Die Kurse sind gestern so stark gefallen, weil die Anleger zeitweise ihre Nerven verloren haben." In der Spitze war der deutsche Leitindex am Montag um 3,6 Prozent abgesackt, bevor er 1,8 Prozent niedriger aus dem Handel gegangen war. Für Erleichterung hatten bereits am Vortag positive Signale aus dem US-Dienstleistungssektor gesorgt.

Einen Rekordsprung legte der Nikkei-Index hin, nachdem der japanische Leitindex den größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag 1987 eingefahren hatte. Vor allem Rezessionsängste in den USA sowie Sorgen um die Abwicklung von Yen-finanzierten Investitionen hatten am Montag den Kurseinbruch von 12,4 Prozent ausgelöst. Dem steilen Absturz folgte mit einem Plus von mehr als zehn Prozent ein ähnlich steiler Anstieg. Besonders Technologie-Aktien erholten sich.

SCHWANKUNGEN VORAUS

Die Stimmung an den Börsen bleibe aber angeschlagen, warnte Jürgen Molnar, Stratege bei RoboMarkets. "Die Nervosität auf den Börsenparketts dieser Welt dürfte nach dem Schwarzen Montag erst einmal hoch bleiben, und mit ihr die Schwankungen in den Indizes in den kommenden Tagen und vielleicht auch Wochen." Vor allem ein Angriff des Iran auf Israel könne jederzeit die Panik auf das Parkett zurückholen. Die unsichere Situation in Nahost hänge wie ein Damoklesschwert über dem Markt, konstatierte auch Analyst Stanzl.

Die Furcht vor einer Eskalation in Nahost ließ auch die Ölpreise wieder steigen. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee sowie US-Leichtöl WTI verteuerten sich jeweils um gut ein Prozent auf 77,27 Dollar beziehungsweise 74,08 Dollar pro Barrel. "Der Ölpreis scheint einige seiner Verluste wieder wettgemacht zu haben, da allgemeine Bedenken über eine mögliche Eskalation des Nahostkonflikts die Befürchtungen auf dem Ölmarkt weiter verstärken", sagte Priyanka Sachdeva, Marktanalystin bei Phillip Nova in Singapur. "Die Möglichkeit eines umfassenden Krieges im Nahen Osten wird real und bedroht die globale Versorgung."

Zugleich habe die Erholungsrally auf den Weltmärkten über Nacht die insgesamt gedrückte Stimmung wieder beruhigt und zu neuen Positionen im Ölsektor geführt. Die Furcht vor einer Rezession in den USA wurde bereits am Vortag durch positive Daten aus dem US-Dienstleistungssektor gemildert. "Wir halten die teils überbordenden Ängste vor einer US-Rezession für übertrieben und gehen in unserem Basisszenario nach wie vor von einer 'weichen Landung' der Wirtschaft aus", teilte Merck-Finck-Chefstratege Robert Greil mit.

Der am Vortag vorgelegte US-Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen zeige nicht in Richtung Rezession, sagte auch Stanzl. Die zuvor gemeldeten Wirtschaftsdaten würden ebenfalls lediglich für eine Abschwächung der Konjunktur sprechen. "Auch wenn es das Rezessionsgespenst wieder zurück auf das Parkett geschafft hat, findet diese momentan nur in den Köpfen der Anleger statt."

POSITIVE SIGNALE

Positive Impulse lieferten am Dienstag sowohl frische Konjunktur- als auch Unternehmenszahlen. Inmitten der Rezessionssorgen schaffte die deutsche Industrie im Juni das erste Auftragsplus in diesem Jahr. "Es gibt sie noch, die guten Nachrichten", kommentierte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch die unerwartete Entwicklung. Die positive Auftragsentwicklung im Juni ist dabei dem Statistikamt zufolge vor allem auf den deutlichen Anstieg in der Automobilindustrie zurückzuführen.

Auch die vorgelegten Unternehmenszahlen lagen mehrheitlich über den Erwartungen. Größter Dax-Gewinner war mit einem Plus von in der Spitze knapp sieben Prozent Zalando. Dank einer robusten Nachfrage bei Sportbekleidung hat Europas größter Online-Modehändler das Wachstum im zweiten Quartal beschleunigt. Niedrigere Lagerbestände und geringere Logistik-Kosten hätten sich zudem positiv auf die Ertragskraft ausgewirkt. Die Zahlen seien besser als erwartet, kommentierte ein Händler. Allerdings schwächte sich das Kursplus im Verlauf auf rund drei Prozent ab.

Die Titel von Bayer schwankten unterdessen zwischen leichten Gewinnen und Verlusten. Der Leverkusener Traditionskonzern kämpft mitten in seinem von Vorstandschef Bill Anderson verordneten Konzernumbau mit schrumpfenden Gewinnen. Die Zahlen lagen jedoch etwas besser als von Analysten erwartet. Klar nach oben ging es dagegen für die italienische Bank Monte dei Paschi di Siena. Nachdem das toskanische Kreditinstitut seine Gewinnprognose angehoben hatte, zogen die Titel an der Mailänder Börse um mehr als acht Prozent an.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)