Anleger machten nach enttäuschenden Firmenbilanzen Kasse: Der Dax gab bis zum Nachmittag 0,4 Prozent auf 11.500 Punkte nach, der EuroStoxx verlor 0,2 Prozent auf 3282 Zähler. Auch an den US-Börsen zeichnete sich ein schwächerer Handelsauftakt ab. Die Risiken, die vor allem zum Jahresende die Stimmung an den Börsen getrübt hätten, seien keineswegs gelöst, fasste Postbank-Stratege Heinz-Gerd Sonnenschein zusammen. "So rückt das Brexit-Datum raschen Schrittes näher, die Handelskonflikte der USA mit China und der EU schwelen weiter und auch die italienische Haushaltsfrage ist noch nicht vom Tisch."

In den vergangenen Tagen hatten Investoren erleichtert auf Entspannungssignale im Handelsstreit reagiert: US-Präsident Donald Trump verschob die geplante Verschärfung der Strafzölle auf chinesische Waren und will sich mit seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping treffen. Im Blick haben die Anleger auch das zweite Gipfeltreffen zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Für Nervosität sorgte der Konflikt in Kaschmir, nachdem Pakistan nach eigenen Angaben zwei indische Militärmaschinen abgeschossen hatte. Einige Investoren griffen verstärkt zu der als sicher geltenden Schweizer Währung. Zum Dollar stieg der Franken auf den höchsten Stand seit gut drei Wochen. Ein Dollar kostete 0,9959 Franken.

PFUND STEIGT AUF ACHT-MONATS-HOCH

Nachdem Premierministerin Theresa May den Weg für eine Verschiebung des EU-Austritts Großbritanniens freigemacht hatte, wird aus Sicht von Marktteilnehmern ein Brexit ohne Scheidungsvereinbarung etwas weniger wahrscheinlich. Die Analysten des Vermögensverwalters Columbia Threadneedle berechneten die Wahrscheinlichkeit eines "No-Deal"-Brexit mit nur noch fünf Prozent nach zuvor zehn bis 20 Prozent. Das Pfund Sterling setzte seinen Erholungskurs fort und stieg um 0,6 Prozent auf 1,3336 Dollar. Damit war die britische Devise so teuer wie seit Juli 2018 nicht mehr. Die Londoner Börse ging deswegen mit 0,8 Prozent stärker in die Knie als die übrigen europäischen Börsen.

GLYPHOSAT-KLAGEN SCHRECKEN BAYER-ANLEGER NICHT AB

Am deutschen Aktienmarkt sorgte der elfprozentige Kurssturz von Beiersdorf für Aufsehen. Damit steuerten die Papiere auf den größten Tagesverlust seit 2001 zu. Der Gewinn des "Nivea"-Anbieters sei 2018 hinter den Erwartungen zurückgeblieben, konstatierte Analyst Robert Waldschmidt von der Investmentbank Liberum. Außerdem kündigte der Konsumgüter-Hersteller wegen höherer Investitionen für die kommenden Jahre sinkende Gewinnmargen sowie ein langsameres Wachstum an. 2020 werde Beiersdorf bei Erlösen und Erträgen aber zu alter Stärke zurückfinden, prognostizierte Waldschmidt.

Die Papiere von Bayer legten dagegen trotz eines Milliardenverlustes um 5,7 Prozent zu und waren größter Dax-Gewinner. Mit 70,27 Euro notierten sie so hoch wie seit dreieinhalb Monaten nicht mehr. Die Schadenersatzklagen rund um den Unkrautvernichter Glyphosat drückten zwar auf die Stimmung, beeinträchtigten aber offenbar nicht das Geschäft der Agrarchemie-Sparte, kommentierte Analyst Volker Braun vom Bankhaus Lampe. Operatives Ergebnis und Gewinnmarge hätten über den Erwartungen gelegen.

Eine Kapitalerhöhung zur Finanzierung des Joint Ventures mit dem Online-Supermarkt Ocado brockte Marks & Spencer den größten Kurssturz seit zweieinhalb Jahren ein. Die Aktien der traditionsreichen britischen Kaufhauskette fielen um bis zu zehn Prozent auf 273 Pence.

Nicht gut an kam bei den Anleger ein milliardenschwerer Zukauf von Merck KGAA. Die Aktien gingen um mehr als drei Prozent in die Knie. Die Darmstädter wollen die US-Firma Versum für rund sechs Milliarden Dollar kaufen.