Das erste TV-Duell im US-Wahlkampf hat für Unruhe an Europas Aktienmärkten gesorgt.

Anleger befürchteten am Mittwoch nach dem chaotischen Schlagabtausch zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden eine lange Phase der Unsicherheit. "Die Präsidentschaftsdebatte verstärkte die Bedenken des Marktes, dass Trump eine Niederlage nicht so leicht akzeptieren würde", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

Der Dax ging 0,5 Prozent niedriger bei 12.761 Punkten aus dem Handel, der Eurostoxx50 fiel 0,3 Prozent auf 3204 Zähler. Dagegen legten die Kurse an der Wall Street zu. Für positive Impulse sorgten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt. Mit der wirtschaftlichen Erholung von der Corona-Rezession haben US-Firmen im September mehr Stellen geschaffen als im Vorfeld erwartet, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Personaldienstleisters ADP hervorging.

Der Schlagabtausch zwischen Trump und Biden war geprägt von gegenseitigen Beleidigungen und persönlichen Angriffen. Trump ließ erneut offen, ob er eine Niederlage am 3. November ohne weiteres hinnehmen werde, und warnte vor massivem Wahlbetrug bei der Briefwahl. "Damit wächst unter den Investoren zunehmend die Angst, dass auch die Wahl selbst im Chaos enden könnte, falls Trump eine eventuelle Niederlage nicht akzeptieren sollte", sagte Stratege Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader. Investoren fürchteten eine Auseinandersetzung vor Gericht und eine wochenlange politische Hängepartie in der größten Volkswirtschaft der Welt, die das gerade diskutierte Konjunkturpaket verzögern könnte.

PFUND NACH VERABSCHIEDUNG VON BINNENMARKTGESETZ UNTER DRUCK

Als weiteren Belastungsfaktor für die Märkte nannten Börsianer die steigenden Corona-Neuinfektionen und damit einhergehende Befürchtungen, dass weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie die Wirtschaft belasten könnten. Auch die in einer kritischen Phase steckenden Brexit-Verhandlungen sorgten für Verunsicherung. Das britische Unterhaus hat ungeachtet aller Warnungen der EU das umstrittene Binnenmarktgesetz von Premierminister Boris Johnson verabschiedet.

Das Pfund geriet zunächst unter Druck, bevor es auf 1,2943 Dollar anzog. Am letzten Tag des Quartals strichen Händler noch Positionen glatt. Das Gesetz soll der Regierung in London die Möglichkeit geben, die im Brexit-Vertrag festgeschriebene Regelung auszuhebeln, nach der im britischen Nordirland auch künftig EU-Zoll-Regeln gelten sollen. Die EU spricht von einer Verletzung des Vertrags und hat mit juristischen Schritten gedroht.

KAPITALERHÖHUNG LASTET AUF COVESTRO

Die Aussicht auf eine Kapitalerhöhung zur teilweisen Finanzierung des größten Zukaufs seiner Firmengeschichte drückte den Aktienkurs von Kunststoffhersteller Covestro. Die Papiere gaben mehr als sieben Prozent nach und waren damit größter Kursverlierer im Dax. Covestro übernimmt vom niederländischen Chemieunternehmen DSM eine Sparte für 1,61 Milliarden Euro. Durch eine Kapitalerhöhung sollen dafür etwa 450 Millionen Euro erlöst werden. Strategisch mache die Übernahme Sinn, sagte Analyst Thorsten Strauß von der NordLB. Der Preis bewege sich im Durchschnitt ähnlicher Transaktionen in der Chemiebranche.

Ebenfalls schwächer notierten Infineon und Siltronic. Börsianern zufolge lastet ein trüber Ausblick des US-Chipherstellers Micron auf den Titeln. Anleger machten nach den jüngsten Kursgewinnen in dem Sektor deswegen lieber Kasse, sagte ein Händler.