BRÜSSEL (dpa-AFX) - Das Europaparlament beharrt nach den Worten von EVP-Fraktionschef Manfred Weber auf einer wirksamen Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Die Zustimmung zum nächsten Haushaltsrahmen und zum Corona-Aufbaupaket werde das Parlament erst geben, wenn diese Frage abgeschlossen sei, sagte der CSU-Europapolitiker und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei am Montag in Brüssel. "Da soll niemand an der Entschiedenheit des Parlaments zweifeln."

Das Parlament verhandelt den neuen Rechtsstaats-Mechanismus derzeit mit den EU-Staaten im Zusammenhang mit dem nächsten siebenjährigen Finanzrahmen und dem 750-Milliarden-Programm gegen die Corona-Krise. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dringt auf eine schnelle Einigung, damit das 1,8 Billionen Euro schwere Paket ab Januar in Kraft treten kann. Weber betonte, dass die Zeit nun knapp werde, liege nicht am Parlament. Aus Sicht des Parlaments sollte Grundlage für einen Kompromiss der Vorschlag der EU-Kommission von 2018 sein.

Demnach könnte die Kommission Staaten Gelder kürzen, wenn diese Prinzipien wie Freiheit der Presse oder Justiz missachten - es sei denn, der Rat der EU-Staaten überstimmt dies mit qualifizierter Mehrheit. Da einige Länder gegen diesen Vorschlag sind, hatte die deutsche Ratspräsidentschaft nach einem Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs vom Juli vorige Woche eine abgeschwächte Form vorgeschlagen. Die trifft im Parlament jedoch auf Widerspruch.

Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) rief die Abgeordneten am Montag im Namen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu einem "konstruktiven Geist des Miteinanders" auf. Über den deutschen Kompromissvorschlag von vergangener Woche sagte er im Plenum des Parlaments: "Das ist unser Angebot für die Verhandlungen mit Ihnen." Stünde er als Vertreter der deutschen Bundesregierung da, könnte er den Unmut einiger verstehen - aber als Ratspräsidentschaft vertrete er eben alle EU-Staaten.

Grundlage des Rechtsstaat-Mechanismus sollen unter anderem Berichte der EU-Kommission von vergangener Woche sein, die Gewaltenteilung, Medienvielfalt, Justiz sowie den Kampf gegen Korruption in den 27 EU-Staaten untersuchen. Ein Großteil der Abgeordneten begrüßte den "Rechtsstaat-TÜV" am Montag - viele Parlamentarier forderten jedoch einen größeren Geltungsbereich. So sollten nach den Worten des SPD-Abgeordneten Tiemo Wölken auch Demokratie und Grundrechte untersucht werden.

Der Grünen-Abgeordnete Sergey Lagodinsky sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung". Doch auch er forderte einen größeren Geltungsbereich. Die Liberale Sophie in't Veld sprach von einem "exzellenten Bericht" der EU-Kommission - doch wolle das Parlament einen Schritt weitergehen. Am Dienstag wollen die Abgeordneten deshalb über einen eigenen Bericht zum Rechtsstaat abstimmen.

Der AfD-Abgeordnete Nikolaus Fest bezeichnete den geplanten Mechanismus hingegen als Lüge. Er kritisierte, dass die EU mit Ländern in Afrika oder der Türkei zusammenarbeite, in denen es um den Rechtsstaat schlecht bestellt sei.

EU-Kommissionsvize Vera Jourova verteidigte die Berichte von vergangener Woche. Diese hätten bereits einen "umfassenden Geltungsbereich", sagte sie./vsr/DP/fba