Handel im Spannungsfeld

Die USA sind für die EU ein wichtiger Handelspartner – sie kaufen 20% der europäischen Exporte. Doch die Trump-Regierung plant, im Sinne ihrer "America First"-Politik, zusätzliche Zölle auf europäische Waren zu erheben. Dies könnte vor allem die Automobil- und Pharmaindustrie in Deutschland und Frankreich treffen. Die EU könnte sich gezwungen sehen, mit Gegenmaßnahmen zu reagieren, wie schon 2018 bei den Zöllen auf Stahl und Aluminium. Ein Handelsstreit mit den USA würde die europäische Wirtschaft weiter belasten, die ohnehin schon mit der Konkurrenz Chinas in wichtigen Bereichen wie der Automobilindustrie zu kämpfen hat.

Unsicherheit über die Hilfe für die Ukraine

Die Außenpolitik von Donald Trump könnte sich auch auf die Militärhilfe für die Ukraine auswirken. Trump hat seine Absicht geäußert, mit Russland zu verhandeln, was eine Reduzierung oder Einstellung der US-Hilfe für Kiew beinhalten könnte. Die USA könnten sich auch aus der NATO zurückziehen, was die europäischen Länder dazu zwingen würde, einen höheren Anteil ihres BIP für den Verteidigungshaushalt auszugeben. Die Europäische Union, die bereits 43,5 Mrd. EUR an militärischer Unterstützung für die Ukraine bereitgestellt hat, könnte jedoch Schwierigkeiten haben, einen Rückzug der USA zu kompensieren.

Digitale und klimatische Herausforderungen

Im digitalen Bereich könnten sich die Spannungen verschärfen. Die EU hat strenge Regulierungen eingeführt, um die digitalen Giganten zu kontrollieren, was zu Reibungen mit einflussreichen Figuren wie Elon Musk, einem Unterstützer Trumps, geführt hat. Die transatlantische Zusammenarbeit in diesem Bereich könnte auf die Probe gestellt werden. Im Bereich des Klimaschutzes könnte Trumps Rückkehr einen Rückgang der amerikanischen Verpflichtungen bedeuten. Seine Regierung plant, die Produktion von fossilen Brennstoffen zu erhöhen, was die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels erschweren könnte. Europa, das den Grünen Pakt zu einer Priorität gemacht hat, könnte sich in seinen Bemühungen, das Pariser Abkommen aufrechtzuerhalten, isoliert wiederfinden.

Die europäische Souveränität in Frage gestellt

Angesichts dieser Herausforderungen wird Europa dazu gedrängt, seine Souveränität zu stärken. Emmanuel Macron betonte die Notwendigkeit für Europa, seine Interessen zu verteidigen und seine Sicherheit oder technologischen Entscheidungen nicht zu delegieren. Dieser Wille zur Stärkung der strategischen Autonomie Europas wird von mehreren führenden Politikern geteilt, stößt jedoch auf interne Hindernisse, insbesondere im Bereich der Verteidigung. Die Abhängigkeit Europas von den USA für militärische Ausrüstung bleibt ein großes Problem. Im Jahr 2022 stammten 78% der Rüstungskäufe der Mitgliedstaaten aus nicht-europäischen Ländern. Um diese Abhängigkeit zu verringern, muss Europa in seine eigene Verteidigungsindustrie investieren, eine Aufgabe, die durch Haushaltszwänge und politische Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten erschwert wird.

Europa im Angesicht der chinesisch-amerikanischen Rivalität

Im Kontext der Rivalität zwischen den USA und China muss Europa umsichtig navigieren. Die Extraterritorialität der US-amerikanischen und chinesischen Gesetze stellt europäische Unternehmen vor Herausforderungen, da sie sich an manchmal widersprüchliche Vorschriften halten müssen. Diese Situation könnte sich mit der Trump-Regierung verschärfen, die Exportkontrollen verschärfen könnte, um China zu bremsen. Europa muss sich auch mit dem Aufstieg Chinas in strategischen Sektoren wie grünen Technologien, elektrischen und autonomen Fahrzeugen sowie künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. China investiert mit Unterstützung seiner Regierung massiv in diese Bereiche, was die Wettbewerbsfähigkeit Europas gefährden könnte.

Investitionsmöglichkeiten in Europa

Trotz dieser Herausforderungen bietet Europa weiterhin Investitionsmöglichkeiten: Sektoren, die mit Energieinfrastruktur und Zukunftstechnologien verbunden sind, könnten vom Übergang zu einer grüneren und digitalen Wirtschaft profitieren. Zudem könnten einige unterbewertete europäische Unternehmen - der gesamte europäische Markt wird historisch gesehen mit einem Abschlag von 40% gegenüber dem amerikanischen Markt gehandelt - von Inflation und Engpässen in der Lieferkette profitieren. Einige Marktführer, um die uns sogar die USA beneiden, könnten von ihrer starken Wettbewerbsposition profitieren.

Obwohl Europa vor dem Hintergrund der chinesisch-amerikanischen Rivalität und der protektionistischen Politik der USA vor großen Herausforderungen steht, verfügt es nach wie vor über Hebel, um seine Interessen zu verteidigen und Chancen zu nutzen. Der Schlüssel liegt in Europas Fähigkeit, seine wirtschaftliche und strategische Souveränität zu stärken und gleichzeitig in einem zunehmend komplexen internationalen Umfeld umsichtig zu manövrieren.