Im November entstanden lediglich 210.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft, wie die Regierung am Freitag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten mit 550.000 gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote fiel zugleich auf 4,2 von zuvor 4,6 Prozent und damit deutlicher als erwartet. Doch der personelle Aderlass zu Beginn der Pandemie in den USA im Frühjahr 2020 wirkt nach: Der Verlust an Jobs gegenüber dem Vorkrisenniveau beläuft sich laut Experten auf noch immer knapp vier Millionen Stellen.

Bei der US-Notenbank leuchten zugleich wegen der Inflationsgefahr die Warnleuchten. Daher fasst sie einen schnelleren Abbau ihrer Anleihenkäufe auf dem Weg zu einer Zinserhöhung ins Auge. "Der Arbeitsmarktbericht bringt die Fed in die Bredouille", meint Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Denn der Arbeitsplatzaufbau komme nicht recht voran.

Die Hoffnung auf eine anhaltende Geldflut der Notenbank Fed stützte die US-Börsen zum Wochenschluss. Nach dem enttäuschenden Stellenaufbau setzten die Aktieanleger auf eine weniger schnelle Abkehr der Fed von ihrem Krisenmodus. Auch in Europa griffen die Anleger bei Aktien zu: "Für die Börsen ist der Arbeitsmarktbericht vielleicht sogar das bestmögliche Szenario", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Börsianer gingen davon aus, dass angesichts der wenigen neuen Stellen die erwartete beschleunigte Drosselung der Wertpapierkäufe durch die Fed wieder vom Tisch sein könnte.

NOTENBANK IM DILEMMA

Laut Ökonom Gitzel treibt zugleich der bereits schon seit einigen Monaten anhaltende Personalmangel die Arbeitnehmerentgelte nach oben. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legen im November um 4,8 Prozent zu. Die Fed ist bei der Regulierung des Abbautempos ihrer Wertpapierkäufe - dem sogenannten Tapering - in einem Dilemma, da ihre Ziele Vollbeschäftigung und Preisstabilität derzeit in einem Spannungsverhältnis stehen, wie es die US-Währungshüterin Mary Daly jüngst formulierte. Denn einerseits muss die Notenbank bei einer Teuerungsrate von zuletzt 4,1 Prozent aufpassen, dass die Inflation nicht auf Dauer aus dem Ruder läuft. Zugleich möchte sie auch die nun eher stockende Erholung am Arbeitsmarkt nicht mit einem zu raschen Entzug der Konjunkturhilfen tendenziell bremsen.

Die Arbeitsmarktstatistik im November ist für die Fed jedoch nicht einfach zu entziffern. Es wirkt zumindest erklärungsbedürftig, dass der Stellenaufbau mager ausfällt, die Quote aber deutlich sinkt. Doch die Zahlen basieren auf zwei unterschiedlichen Datensätzen: eine Arbeitgeberumfrage, aus der Jobzahlen gewonnen werden, und eine Haushaltsumfrage, aus der die Arbeitslosenquote berechnet wird. Analyst Bernd Krampen von der NordLB verweist darauf, dass in der Haushaltsbefragung ein massiver Beschäftigungsanstieg von über 1,1 Millionen gemessen wurde.

Der sei von einem Zuwachs in der sogenannten Labor Force begleitet worden, was letztlich die Arbeitslosenquote erheblich gedrückt habe. Das Labor-Force-Konzept ist ein in den USA entwickeltes Modell zur statistischen Erfassung der Erwerbsbevölkerung. Es geht nicht von der Gesamtbevölkerung aus, sondern von der Gesamtheit aller in Privathaushalten lebenden Personen ab 15 Jahren - der sogenannten Erwerbsbevölkerung. Experte Krampen verweist darauf, dass mit der Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent das Vorkrisen-Niveau vom Februar 2020 wieder erreicht sei: "Der von der Fed angestrebte weitere substanzielle Jobaufbau ist zwar nicht so eindeutig eingetreten, dennoch dürfte sie sich offenbar auf ein beschleunigtes Tapering vorbereiten", so sein Fazit.