Frankfurt/Berlin (Reuters) - Trotz des aktuell kräftigen Preisauftriebs ist laut EZB-Vizechef Luis de Guindos für nächstes Jahr mit einem Abflauen der Inflation zu rechnen.

Er sei fest davon überzeugt, dass die Teuerungsrate 2022 zu sinken beginne, sagte der Spanier am Mittwoch auf einer Finanzkonferenz. Es gebe noch keine Anzeichen dafür, dass die Inflation über hohe Lohnabschlüsse angetrieben werde. "Doch es ist zu erwarten, dass das Lohnwachstum 2022 höher ausfallen wird als 2021", fügte er hinzu. Die Geldpolitik müsse vor diesem Hintergrund mit Blick auf die Lohnrunden wachsam bleiben. Die Kaufkraft der Deutschen wird einer GfK-Studie zufolge im nächsten Jahr deutlich zulegen - auch wegen steigender Löhne.

Sie dürfte nominal um 4,3 Prozent oder 1013 Euro pro Bürger höher liegen, so die Nürnberger Marktforscher. Pro Kopf stehen den Bürgerinnen und Bürgern damit rechnerisch 24.807 Euro zur Verfügung - für Konsumausgaben, Wohnen, Freizeit und Sparen. Wie viel von dem Zuwachs am Ende bei ihnen wirklich ankommt, hängt von der Inflation ab. Die Bundesregierung kalkuliert mit einer Teuerung von 2,2 Prozent im Jahr 2022 - und damit einer Beruhigung gegenüber dem laufenden Jahr.

GfK-Experte Filip Vojtech erklärte, das Wachstum bei der Kaufkraft stütze sich auf steigende Löhne in vielen Branchen und zudem auf eine Erhöhung der Renten: "Außerdem wird im nächsten Jahr von Nachholeffekten in der Produktion und Wirtschaft sowie dem Zurückgehen der pandemiebedingten Logistikprobleme ausgegangen, was zu einer Erhöhung der Kaufkraft führt."

Kräftig gestiegene Energiepreise haben die Inflation im Euro-Raum im November auf ein Rekordniveau von 4,9 Prozent getrieben. Hierzulande lag die Teuerung im vergangenen Monat sogar bei 5,2 Prozent. Das war das höchste Niveau seit fast 30 Jahren. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte jüngst erklärt, der Höhepunkt der Inflationsentwicklung sei im November wohl erreicht und die Teuerung werde 2022 wieder allmählich zurückgehen.

ENERGIEPREISE IM FOKUS

Ob der Höhepunkt des Inflationsschubs im November tatsächlich erreicht wurde, hänge vor allem von der Entwicklung der Energiepreise ab, meint Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust. Die jüngsten Abschläge bei den Rohölpreisnotierungen könnten relativ schnell die Kraftstoff- und Heizölverteuerung dämpfen: "Aufwärtsdruck bei den Kosten der Haushalte für Energie wird aber durch die weitere Anhebung der C02-Abgabe zu Jahresbeginn und den verzögerten Anstieg der Gaspreise im Haushaltsverbrauch bleiben."

Der Ökonom verweist darauf, dass zahlreiche Gasversorger bereits mit Preisanpassungen begonnen oder solche angekündigt haben. Zudem müsse damit gerechnet werden, dass produzierende Unternehmen die höheren Energie- und Rohstoffkosten zum überwiegenden Teil in höheren Absatzpreisen weiterreichen würden.