Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Unternehmen und Banken des Euroraums müssen nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) rasch handeln, um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. "Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen und Banken eindeutig davon profitieren, wenn sie frühzeitig eine grüne Politik verfolgen, um den Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zu fördern", schreibt die EZB nach Abschluss ihres gesamtwirtschaftlichen Klimastresstests, der über vier Millionen Unternehmen weltweit und 1.600 Banken im Euroraum erfasste.

Die Untersuchung zeigt laut EZB auch, dass sich die Auswirkungen des Klimarisikos auf bestimmte Regionen und Sektoren des Euroraums konzentrieren. Unternehmen in Regionen, die dem physischen Risiko am stärksten ausgesetzt sind, könnten demnach mit sehr schweren und häufigen Naturkatastrophen konfrontiert werden, was wiederum ihre Kreditwürdigkeit beeinträchtigen würde.

Die EZB zählt zu den Klimarisiken sowohl die physischen Risiken, die sich aus dem Klimawandel selbst ergeben, als auch so genannte "Übergangsrisiken", die aus den Maßnahmen zur Bremsung des Klimawandels resultieren. In Europa sind die physischen Risiken ungleichmäßig verteilt, wobei die nördlichen Regionen laut EZB anfälliger für Überschwemmungen sind und die südlichen Regionen Hitzestress und Waldbränden ausgesetzt sind.

Übergangsrisiken sieht die EZB vor allem für bestimmte emissionsintensive Industrien. Zum Beispiel würden kohlenstoffintensive Industrien, wie der Bergbau oder die Elektrizitätswirtschaft, erhebliche Kosten für die Reduzierung der CO2-Emissionen auf sich nehmen, was kurz- bis mittelfristig ihre Ausfallwahrscheinlichkeit erhöhen würde.

Laut EZB ist der Übergang zu einer grüneren Wirtschaft aber auch eine große Chance. Die Studie zeige, dass die Vorteile eines frühzeitigen Handelns mittel- bis längerfristig schwerer wögen als die anfänglichen Kosten, auch aufgrund von Energieeffizienzgewinnen für Unternehmen und insgesamt niedrigeren Energiepreisen.

Ohne politische Maßnahmen zum Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft werden die physischen Risiken laut EZB mit der Zeit nichtlinear zunehmen, und aufgrund des unumkehrbaren Charakters des Klimawandels wird sich dieser Anstieg fortsetzen.

Der Befund der EZB für die Unternehmen trifft im Prinzip auch für die Banken des Euroraums zu. Diese könnten in einem Szenario, in dem der Klimawandel nicht bekämpft wird, schwer betroffen sein. Die erwarteten Verluste aus Unternehmenskreditportfolios würden im Laufe der Zeit erheblich ansteigen, und zwar aufgrund von immer größeren physischen Risiken, die in den nächsten 30 Jahren kritisch werden könnten.

"Im Jahr 2050, ist die Ausfallwahrscheinlichkeit des durchschnittlichen Unternehmenskreditportfolios einer Bank im Euroraum im Hot-House-Szenario um 8 Prozent höher als bei einem geordneten Übergang", schreibt die EZB.

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September 22, 2021 05:36 ET (09:36 GMT)