Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Nachfrage nach Euro-Banknoten ist nach Aussage von EZB-Direktor Fabio Panetta in der Corona-Pandemie gestiegen, obwohl Bargeld zugleich seltener als Zahlungsmittel eingesetzt wurde. Panetta sagte, vermutlich hielten die Menschen mehr Bargeld, um sich gegen Unsicherheit zu schützen.

Seit Anfang 2020 ist das Bargeldvolumen, das bei Zentralbanken und Geschäftsbanken im Euroraum eingelagert wird, laut Panetta um 20 bis 25 Prozent gesunken. Eine Umfrage ergab Mitte 2020, dass rund 40 Prozent der Befragten Bargeld seltener nutzten als zuvor.

Zugleich stieg jedoch die Nachfrage nach Euro-Banknoten zwischen März 2020 und Mai 2021 um 190 Milliarden Euro - das sind 550 Euro pro Kopf. "Verglichen mit dem durchschnittlichen Volumen der vorangegangenen fünf Jahre wurden im Frühjahr 2020 bis zu 4 Prozent mehr Euro ausgegeben", sagte Panetta. In der zweiten Phase der Lockdowns erhöhte sich der Abstand zum ursprünglich erwarteten Wachstumspfad bis Ende 2020 auf 8 Prozent.

"Eine mögliche Erklärung für dieses scheinbare Paradoxon - steigende Nachfrage nach Banknoten bei gleichzeitigem Rückgang der Barzahlungen - ist, dass sich die Menschen während der Krise dem Bargeld als Instrument zur Bewältigung der Unsicherheit zuwandten", sagte der EZB-Direktor.

Untersuchungen zeigten, dass zu Beginn der Pandemie die Verbraucher - insbesondere jene mit geringem Einkommen - ihre Ausgaben einschränkten und ihre Bestände an liquiden Mitteln erhöhten. Bargeld sei der liquideste Vermögenswert für diejenigen, die ihre erhöhte Liquiditätspräferenz befriedigen wollten.

Panetta wies zugleich darauf hin, dass bereits vor der Pandemie nur rund 20 Prozent der ausgegeben Banknoten aktiv zu Zahlungszwecken innerhalb des Euroraums eingesetzt worden seien. "Der überwiegende Teil des Bargelds, etwa eine Billion Euro, wird als Vermögen gehalten und nur sporadisch für Zahlungen verwendet oder zirkuliert außerhalb des Euroraums", sagte er.

Die Zukunft des Bargelds sieht Panetta vor diesem Hintergrund - auch für den Fall der Einführung eines digitalen Euro - nicht gefährdet.

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June 15, 2021 11:01 ET (15:01 GMT)