Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die jüngsten Umfragen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Kreditbedingungen und zur Unternehmensfinanzierung deuten nach Aussage von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane auf das Risiko negativer Wechselwirkungen zwischen Realwirtschaft und Finanzsektor hin. "Die Quartalsumfrage zur Kreditvergabe und die Umfrage zum Finanzierungszugang für Unternehmen zeigen einige Risiken einer negativen Spirale", sagte Lane laut veröffentlichtem Redetext bei einer Rede im Trinity College Dublin.

"Die im Oktober veröffentlichte Quartalsumfrage zur Kreditvergabe berichtet von einer breit angelegten Straffung der Kreditstandards, die die Banken hauptsächlich auf Risiken im Zusammenhang mit dem makroökonomischen Umfeld und einer schwächeren Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer zurückführen", sagte Lane. Auch zeige die Umfrage, dass der wichtigste Grund der sinkenden Kreditnachfrage der Unternehmen ein Zurückstellen von Investitionsplänen sei.

"Eine ähnliche Botschaft sendet die Umfrage zum Finanzierungszugang für Unternehmen: Kleine Unternehmen rechnen damit, dass der Zugang zu interner und externer Finanzierung sich verschlechtern wird", sagte Lane. Banken könnten die sinkende Kreditnachfrage als ein Vorzeichen sich eintrübender ökonomischer Rahmenbedingungen interpretieren, während Unternehmen ihre negativen Erwartungen in strikteren Kreditstandards bestätigt fänden.

"Diese negative Wechselwirkung könnte durch einen schwächeren Privatkonsum verstärkt werden, der die Aussichten für die Unternehmen zusätzlich eintrüben würde", sagte Lane. Aus diesem Grund müsse die EZB auch über die akute Covid-Krisenphase hinaus für günstige Finanzierungsbedingungen sorgen.

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November 26, 2020 07:39 ET (12:39 GMT)