Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) findet das Ausmaß der Lohnerhöhungen im Euroraum nach den Worten von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane derzeit "im Großen und Ganzen recht fair", will sie aber im Auge behalten. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Zeit" wies Lane darauf hin, dass die EZB mit einem Inflationsrückgang auf 2,8 Prozent bis Ende dieses Jahres und mit einem weiteren Rückgang in Richtung 2 Prozent rechne.

"Wir unterstellen dabei ein Lohnwachstum von 5,3 Prozent in diesem Jahr und 4,4 Prozent im nächsten Jahr", sagte Lane. Die EZB beobachte die Lohnabschlüsse Woche für Woche sehr genau, und wenn sie sehen, dass diese darüber hinausgingen, würden sie anfangen, sich mehr Sorgen zu machen.

Angesprochen auf die Forderung nach einer Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst Deutschlands um 10,5 Prozent sagte Lane, das wer sich nicht zu einzelnen Verhandlungen äußern könne. Er fügte aber hinzu: "Manchmal lese ich Schlagzeilen über sehr hohe Lohnerhöhungen. Aber wenn man sich die Details ansieht, gehört dazu oft eine Einmalzahlung, die die Arbeitskosten nicht dauerhaft erhöht. Oder die Lohnerhöhung wird über 18 oder 24 Monate verteilt. Der tatsächliche Anstieg pro Jahr ist also geringer."

Lane hält es für möglich, dass die Inflation auf 2 Prozent sinkt, ohne dass die Wirtschaft des Euroraums dafür eine Rezession durchlaufen müsste. Er sagte: "Wir haben durch die Pandemie so viel Wachstumsdynamik verloren, dass es möglich ist, dass sich die Erholung von der Pandemie fortsetzt und die Inflation gleichzeitig zurückgeht."

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March 29, 2023 06:43 ET (10:43 GMT)