Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chef der bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten Bankenaufsicht, Andreas Enria, will für ein einheitlicheres europäisches Vorgehen beim Umgang mit mittelgroßen Banken sorgen, die abgewickelt oder liquidiert werden müssen. Bei einem Workshop der Banca d'Italia schlug Enria laut Redetext vor, die Abwicklung oder Liquidierung solcher Institute vorübergehend in die Hände des Single Resolution Board (SRB) zu legen, der die Institute nach einheitlichen Regeln behandeln würde. Bisher ist der SRB nur für die direkt von der EZB beaufsichtigten Großbanken zuständig.

Enria wies darauf hin, dass mit Banken, an deren geordneter Abwicklung kein übergeordnetes europäisches Interesse besteht, derzeit mehr oder weniger nach nationalem Gusto umgegangen werde. Dabei würden teilweise öffentliche Gelder eingesetzt, was den Wettbewerb verzerre. Als Beispiel nannte er die beiden italienischen Institute Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca. "Das könnte die Bankenmarktintegration beeinträchtigen und zum Hindernis für ein reibungsloses Ausscheiden der schwächsten Institute aus dem Markt werden", sagte er.

Laut Enria sollten administrative Befugnisse wie die zum Transfer von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auf die europäische Ebene übertragen werden. "Hier würden die Instrumente des SRB ausgeweitet, und der SRB würde die Befugnis erhalten, ein Institut zu liquidieren, wenn kein öffentliches Interesse (an seiner fortdauernden Existenz) besteht", sagte Enria. Der SRB soll diesem Vorschlag zufolge die Möglichkeit bekommen, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf andere Institute innerhalb der Bankenunion zu übertragen.

Dabei könnte der SRB kurzfristig auf Mittel der nationalen Einlagensicherungssysteme zurückgreifen. "Das wäre ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung (Edis), die das Endziel bleibt", sagte Enria. Der oberste Bankenaufseher stellt sich die Edis in ihrem Endstadium als ein Abbild der US-Einlagensicherung FDIC vor, die sowohl die Gelder der Sicherung verwaltet als auch für Abwicklung und Liquidierung zuständig ist.

Allerdings gibt es in den Ländern großen Widerstand gegen Edis, besonders aus Deutschland. Die Bedenken beziehen sich vor allem auf die Staatsanleihebestände von Banken.

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January 15, 2021 05:40 ET (10:40 GMT)