Frankfurt/Berlin (Reuters) - Nach einem Debattenbeitrag eines EZB-Ratsmitglieds fordert Direktorin Isabel Schnabel ein Festhalten an der geldpolitischen Schrittfolge hin zu einer Zinserhöhung.

Die EZB müsse selbst in einer Lage, in der die Finanzmärkte sehr sensibel auf geldpolitische Schritte reagierten, Preisstabilität sichern, ohne die Finanzstabilität zu gefährden: "Die kommunizierte Ordnung der Abfolge von Instrumenten umzukehren, ist keine angemessene geldpolitische Antwort in solchen Situationen", sagte Schnabel am Mittwoch auf einer Online-Konferenz. Dies sei auch dann nicht angemessen, wenn die Gefahr bestehe, dass sich die Kredit-Kosten der Staaten verteuerten.

Schnabel verwies außerdem darauf, dass sich das voraussichtlich im März auslaufende Pandemiekaufprogramm PEPP als ein "glaubwürdiger Notanker" gegen das Risiko einer Fragmentierung des Euroraums erwiesen habe. Die EZB hat signalisiert, dass zuerst der Ausstieg aus ihren Anleihekaufprogrammen abgeschlossen werden soll, bevor die Zinswende folgt. Dass diese nächstes Jahr kommt, ist laut EZB-Chefin Christine Lagarde sehr unwahrscheinlich. Der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann hat jüngst in einem Zeitungsinterview laut darüber nachgedacht, dass die Zinsen bei höherer Inflation und in bestimmten Situationen schon angehoben werden könnten, während die Zukäufe noch liefen.

FLEXIBILITÄT IM FOKUS

Derzeit läuft neben dem großangelegten Programm PEPP noch ein kleineres namens APP. Auf der Zinssitzung am 16. Dezember will der EZB-Rat entscheiden, wie es mit den Anleiheprogrammen weitergehen soll. Die Zukäufe über das PEPP dürften nach Signalen Lagardes im Frühjahr auslaufen, auch wenn weiterhin auslaufende Papiere durch Neukäufe ersetzt werden dürften. Holzmann hatte zudem signalisiert, dass PEPP nicht abgeschafft, sondern "in einen Warteraum gestellt" werden könnte. Damit könne man sich bei neuerlichen ökonomischen Schocks die in dem Programm angelegten "Vorteile der Flexibilität" zunutze machen.

In Fachkreisen wird spekuliert, dass das APP nach dem Ende von PEPP in der einen oder anderen Form weitergeführt wird. Die monatlichen Kaufvolumina von 20 Milliarden Euro fallen derzeit deutlich geringer aus als die des Corona-Notprogramms mit einem gewaltigen Gesamtvolumen von 1,85 Billionen Euro. Sollte die EZB das APP für einen reibungslosen Übergang nutzen, könnte sie aber nicht mehr so leicht verstärkt Anleihen von Staaten erwerben, die die geldpolitische Hilfe am meisten benötigen. Sie müsste sich weitgehend an festgelegte Länderquoten halten und sich dabei am sogenannten Kapitalschlüssel orientieren. Das als Kriseninstrument aufgelegte PEPP bietet weit mehr Spielraum.

Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau hatte sich dafür ausgesprochen, die Flexibilität der EZB-Krisen-Anleihenkäufe auch nach deren Ende zu bewahren. Flexibilität sei dabei mindestens genauso wichtig wie Volumina. PEPP sei unter anderem deshalb so erfolgreich gewesen, weil es keinen festen Kaufbetrag pro Monat gegeben habe. Diese Flexibilität könne beispielsweise leicht auf APP übertragen werden.