Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Inflationsdruck im Euroraum könnte nach Aussage von EZB-Chefvolkswirt Luis de Guindos im laufenden Jahr deutlicher als erwartet zunehmen, wenn die Probleme auf der Angebotsseite der Volkswirtschaft fortbestehen sollten. "Das hat nicht nur Auswirkungen für die Preise von Mikrochips und Halbleitern, sondern beispielsweise auch für die Energie- und Transportpreise", sagte de Guindos dem Heet Financieele Dagblad. Außerdem habe es bisher nur wenige Lohnerhöhungen aufgrund der höheren Preise gegeben. "Das könnte sich im Herbst ändern, wenn viele Lohnverhandlungen anlaufen, und wir werden diese möglichen Entwicklungen aufmerksam verfolgen", sagte er.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Inflationsprognose für 2021 erst in der vergangenen Woche von 1,9 auf 2,2 Prozent angehoben. De Guindos wollte in dem Gespräch nicht ausschließen, dass der so genannte natürliche Zins langfristig steigen wird. "Strukturelle Kräfte, die für die niedrigen Zinssätze verantwortlich waren, wie Globalisierung, Digitalisierung und demografische Entwicklungen, könnten sich verändern", sagte er. Er denke, dass die Globalisierung allmählich zurückgehen werde und dass die Lieferketten nicht mehr so weit verstreut sein würden wie früher.

Der EZB-Vizepräsident sieht gegenwärtig keine Notwendigkeit, die Obergrenzen für den Ankauf von Staatsanleihen anzuheben. "Nach unseren Schätzungen werden wir kurz- und mittelfristig die Grenzen, die wir uns gesetzt haben, nicht erreichen", sagte er.

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September 17, 2021 10:30 ET (14:30 GMT)