BRÜSSEL (AFP)--Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen eines umstrittenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder eingestellt. Die Bundesregierung habe überzeugend dargelegt, dass Deutschland den Vorrang des EU-Rechts und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit anerkenne, erklärte die Brüsseler Behörde am Donnerstag. Vor allem Polen hatte sich im Rechtsstaats-Streit mit der EU mehrfach auf das Karlsruher Urteil berufen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai 2020 ein vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebilligtes Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) in Teilen als verfassungswidrig eingestuft. Nach Auffassung der Kommission kritisierten die Karlsruher Richter so das EuGH-Urteil als Kompetenzüberschreitung und verstießen ihrerseits gegen den Grundsatz, wonach das EU-Recht Vorrang hat.

Im Juni 2021 leitete die EU-Kommission deshalb das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Die Brüsseler Behörde betonte damals, auch in anderen Ländern gebe es nun ebenfalls eine Grundsatzdebatte über den Vorrang von EU-Recht vor nationalem Recht.

In Polen hatte die Regierung zuletzt ein historisches Verfassungsurteil erwirkt, wonach das nationale Recht Vorrang vor EU-Recht hat. Auch die Kompetenzen des EuGH werden nicht anerkannt. Als Sanktion hält die EU-Kommission unter anderem milliardenschwere Corona-Hilfen für Polen zurück.

DJG/brb

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December 02, 2021 10:48 ET (15:48 GMT)