Brüssel/Berlin (Reuters) - Zur Finanzierung des milliardenschweren Corona-Wiederaufbaufonds will die EU über Jahre hinaus jeweils rund 150 Milliarden Euro Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen.

Wie aus einem Dokument der EU-Kommission hervorgeht, sollen bis 2026 dazu Geldmarktpapiere und Anleihen platziert werden - mit Laufzeiten von unter einem Jahr bis hin zu 30 Jahren. Mit den umstrittenen Plänen würde die EU-Kommission zum größten Emittenten von Papieren in der Euro-Währung aufsteigen. Doch noch fehlt das nötige grüne Licht für die gemeinsame Schuldenaufnahme aus den EU-Mitgliedstaaten. Mit den Geldern soll ein 750 Milliarden Euro schwerer Fonds gespeist werden, der besonders hart von der Pandemie getroffenen Staaten wie Italien und Spanien auf die Beine helfen kann.

Kritiker befürchten allerdings, dass aus der Sondersituation ein Dauerzustand werden könnte - mit einer tendenziell riesigen Haftung Deutschlands für die Schulden anderer EU-Staaten. CDU/CSU sehen in dem Vorgehen deswegen eine einmalige Aktion, für den Regierungspartner SPD ist es dagegen ein Schritt Richtung Fiskalunion - also gemeinsamer Finanzpolitik in Europa samt gemeinsamer Schulden. Dem für die EU-Pläne nötigen sogenannten Eigenmittelbeschluss müssen alle EU-Regierungen zustimmen, mehr als die Hälfte hat dies bereits getan.

Hierzulande haben Bundestag und Bundesrat die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU für den Corona-Fonds durchgewinkt. Gegen die Pläne sind beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe allerdings Klagen anhängig. Deswegen kann das Gesetz vorerst nicht in Kraft treten. Dabei drängt die Zeit: Erste Gelder aus dem EU-Fonds sollen bereits im Frühsommer fließen. Sie sollen zu einem großen Teil in Klimaschutz und Digitalisierung fließen - und die wirtschaftliche Erholung beschleunigen.

SPANIEN PLANT JETZT AUCH MIT KREDITEN

Die EU-Länder können über den geplanten Rettungsfonds Zuschüsse und Kredite erhalten. Für Spanien sind dafür insgesamt 140 Milliarden Euro im Topf. Die Regierung in Madrid entschloss sich nun, auch die Kredite zu verplanen - nachdem sich die Auszahlung der Zuschüsse verzögert. Ministerpräsident Pedro Sanchez erklärte, die in Aussicht gestellten Darlehen sollten für Investitionen ab dem Jahr 2022 verwendet werden. Dabei gehe es unter anderem um die Finanzierung von Großprojekten und die Rekapitalisierung von Mittelständlern. Bislang hatte Spanien nur Pläne für die Nutzung der vorgesehenen EU-Zuschüsse in Höhe von 70 Milliarden Euro vorgelegt. Diese sollen zum Teil als Starthilfe für den Elektroauto-Markt und zur Wohnungssanierung dienen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) dringt unterdessen darauf, dass die Staaten der Euro-Zone in diesem und dem nächsten Jahr noch mehr fiskalische Impulse setzen, um die wirtschaftlichen Pandemie-Folgen zu überwinden. Die Impulse sollten einen Umfang von rund drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben. Im Zeitraum 2021/22 könne so das Wirtschaftswachstum bis Ende nächsten Jahres um rund zwei Prozent nach oben getrieben werden. Die Länder der Euro-Zone haben im Corona-Jahr 2020 bereits mehr als drei Billionen Euro in nationale Konjunkturpakete und Liquiditätshilfen gesteckt, um die Wirtschaft über Wasser zu halten.