LUXEMBURG (dpa-AFX) - Im Streit über schärfere EU-Klimaziele haben die Umweltminister am Freitag zumindest eine Teileinigung geschafft. Sie billigten eine Vorlage für das geplante EU-Klimagesetz, das die EU bis 2050 "klimaneutral" machen soll. Der zentrale Knackpunkt - das Etappenziel für 2030 - blieb aber offen. Darüber soll erst der EU-Gipfel im Dezember entscheiden. Umweltschützer kritisierten die Verzögerung. Einen anderen Beschluss der Minister lobten sie hingegen: eine Strategie zum Erhalt der Artenvielfalt bis 2030.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze leitete die Verhandlungen in Luxemburg im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und sprach anschließend von einem sehr erfolgreichen Treffen. "Es macht mich sehr froh, dass wir so konstruktiv, so kollegial, so ernsthaft Entscheidungen zu wichtigen umweltpolitischen Themen erreichen konnten", sagte die SPD-Politikerin.

Das Klimagesetz soll Etappen und Bedingungen festlegen, wie die Europäische Union bis Mitte des Jahrhunderts "klimaneutral" werden will. Dann sollen alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert werden. Auf dem Weg dorthin soll auch das Klimaziel für 2030 drastisch verschärft werden. Die EU-Kommission hatte eine Senkung der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 vorgeschlagen - statt wie bisher geplant 40 Prozent.

Deutschland unterstützt den Kommissionsvorschlag, doch Länder wie Polen, Ungarn, Bulgarien oder Rumänien fordern zunächst Klarheit über Lasten und finanzielle Hilfen auf dem Weg zum neuen Ziel für 2030.

EU-Kommissionsvize Frans Timmermans betonte, dieses Etappenziel müsse so schnell wie möglich kommen. Denn nach dem Pariser Klimaabkommen müsse die EU noch dieses Jahr ihre neue Zielmarke an die Vereinten Nationen melden.

Das Pariser Abkommen von 2015 legt fest, dass die globale Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um weniger als 2 Grad steigen soll, möglichst sogar nur um 1,5 Grad. Das soll verheerende Folgen des Klimawandels wie Dürren, Überschwemmungen, Stürme und Eisschmelze begrenzen. Die Vertragspartner haben zugesagt, ihre Ziele regelmäßig nachzubessern.

Schulze sagte, auch wenn das Ziel für 2030 vorerst offen bleibe, sei eine Teileinigung der EU-Staaten auf den übrigen Text des Klimagesetzes wichtig. Ob darüber bereits jetzt mit dem Europaparlament verhandelt wird, ließ sie noch offen. Der Vorsitzende des Parlaments-Umweltausschusses, Pascal Canfin, drang jedoch auf einen raschen Start und eine politische Einigung noch vor dem fünften Jahrestag des Paris-Abkommens am 12. Dezember.

Schnell einig wurden sich die Umweltminister beim Schutz der Artenvielfalt. Sie stellten sich hinter Ziele der Biodiversitäts-Strategie der EU-Kommission vom Mai. Demnach sollen die Naturschutzflächen in der EU bis 2030 von 18 auf 30 Prozent der Land- und Meeresflächen ausgeweitet und ein Drittel davon unter strengen Schutz gestellt werden. Im Beschluss der Minister heißt es, mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr sollten für den Erhalt der Natur ausgegeben werden.

Erst diese Woche hatte die EU-Umweltbehörde EEA Alarm geschlagen, dass die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten in Europa weiter zurückgehe. Vor allem intensive Landwirtschaft und Zersiedelung nehmen ihnen den Lebensraum. Der Umweltverband WWF nannnte den Beschluss zur Biodiversität einen Hoffnungsschimmer. Beim Klima hätten die Minister hingegen "auf ihren Händen gesessen".

Ja sagten die Minister zur Reform der Trinkwasser-Richtlinie, die bereits vor Monaten vorbereitet worden war. Die Hauptziele: Trinkwasser soll durch strengere Regeln für Leitungsmaterial und mögliche Schadstoffe überall der EU sicherer werden. Zudem soll es üblicher werden, in Restaurants oder Kantinen Leitungswasser gratis oder billig zu bekommen. Nun fehlt noch die letzte Zustimmung des EU-Parlaments. Dann könnten die neuen Regeln in Kraft treten./vsr/DP/nas