Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Spahn moniert fehlendes Gesamtkonzept für erneuerbare Energien 

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hat die Einigung der Regierungsparteien auf einen massiven Windkraftausbau kritisiert. "Dem Ampel-Paket fehlt ein Gesamtkonzept für erneuerbare Energien. Sie verengt sich leider auf Wind und Solarenergie", sagte Spahn der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es müssten aber "alle Potenziale genutzt werden, inklusive kleiner, steuerfreier PV-Anlagen, Wasserkraft, Biogas und Geothermie". Die ambitionierten Ziele von SPD, Grünen und FDP begrüßte Spahn zwar ausdrücklich. "Eine Ankündigung produziert aber noch keinen Strom, immer neue Ziele per Gesetz ersetzen nicht das konkrete Umsetzen", sagte er. Man werde die Ampel-Koalition "an Ergebnissen messen".


SPD: Ampel-Einigung zum Energiepaket großer Schritt für Ökostromausbau 

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, sieht in der Einigung der Ampel-Partien zum Energiepaket die Grundlage für eine klimaneutrale Energieversorgung in Deutschland. "Das bringt neue Investitionen, sichert Arbeitsplätze für die Zukunft und schützt unser Klima. Wir machen uns in der Energieversorgung unabhängig von Öl- und Gasimporten und sorgen so für mehr Energiesicherheit", sagte Miersch nach der Einigung zum Osterpaket der Bundesregierung. Insgesamt würden in dieser Woche über 20 Gesetze und Verordnungen überarbeitet werden. Das Osterpaket zum Ausbau von Ökostrom sieht vor, dass jedes Bundesland rund 2 Prozent seiner Flächen verpflichtend für Windkraft zur Verfügung stellen muss. Weigert sich ein Bundesland, werden seine Landes-Abstandregeln gestrichen. Außerdem sollen erneuerbare Energien im überragenden öffentlichen Interesse sein und der öffentlichen Sicherheit dienen. Sie haben damit in der Genehmigungspraxis absoluten Vorrang.


Netzagentur: Gasversorgung war 2021 weiterhin verlässlich 

Im vergangenen Jahr war die Versorgungssicherheit verlässlich. Laut Bundesnetzagentur betrug die durchschnittliche Unterbrechung der Versorgung von Letztverbrauchern mit Gas im Jahr 2021 2,18 Minuten (2020: 1,09 Minuten). Der Wert mit rund 2 Minuten liegt leicht über dem langjährigen Mittel. "Auch wenn die Dauer von Versorgungsunterbrechungen im Jahr 2021 zugenommen hat, ist die Gasversorgung in Deutschland weiter sehr zuverlässig," sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. "Ursache für den Anstieg der durchschnittlichen Unterbrechung waren vor allem Fremdeinwirkungen auf Gasleitungen bei baulichen Maßnahmen."


BDEW macht sich für Umlagesystem bei hohen Gaspreisen stark 

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich für ein Umlagesystem stark gemacht, um die gestiegenen Kosten in der Gasbranche gleichmäßig zu verteilen. Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, sagte im Deutschlandfunk, keines der denkbaren Systeme sei schön, denn am Ende müsse irgendjemand die erhöhten Preise zahlen. Eine Umlage sei aber eine Möglichkeit, um die Kosten in halbwegs solidarischer Form weiterzugeben und auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Andreae betonte, es müsse verhindert werden, dass die Last zum Beispiel bei den Stadtwerken hängenbleibe und diese die Kosten nicht an die Kunden weitergeben dürften. Das könnten die Stadtwerke nur für kurze Zeit aushalten. Die Bundesregierung plant laut Regierungskreisen neue Instrumente zum Schutz von Energieunternehmen der kritischen Infrastruktur. Neben Staatshilfen ist auch die Möglichkeit eines Umlagesystems geplant, mit denen die hohen Gaspreise auf Industrie, Gewerbe und private Verbraucher verteilt werden könnten.


Klingbeil befürchtet Aus von Nordstream 1 

SPD-Chef Lars Klingbeil hat sich besorgt über ein mögliches Aus für die Gaspipeline Nord Stream 1 gezeigt. "Es gibt eine Wahrscheinlichkeit, dass Putin nach den Wartungsarbeiten den Gashahn nicht mehr aufdreht", sagte er dem Sender RTL. Dies hätte dramatische Folgen, daher müsse man sich mit diesem Szenario beschäftigen. "Man muss bei Putin mit dem Schlimmsten rechnen." Klingbeil blickte besorgt auf die Gasknappheit in Deutschland. "Wir stehen vor dramatischen Monaten", sagte er und appellierte an die Bevölkerung: "Wir müssen auch im privaten Bereich sparen." Man müsse erreichen, dass das Gas in der Industrie nicht rationalisiert werde. "Das hätte dramatische Folgen für den Arbeitsmarkt. Das müssen wir vermeiden, und dazu können alle beitragen."


Müller: Bundeshilfen möglicherweise zu gering für Speicherbefüllung 

Inmitten steigender Nervosität vor einem russischen Gasstopp hat Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller gewarnt, dass weitere Staatshilfen nötig werden könnten, nachdem der Bund bisher 15 Milliarden Euro bereitgestellt hat, um Gas einzukaufen und einzuspeichern. Auf die Frage, ob das Geld reiche, sagte Müller der Wirtschaftswoche: "Je weiter der Gaspreis steigt, desto teurer wird es, die gesetzlichen Speicherziele für den Oktober und den November zu erreichen." Laut Gesetz sollen die Speicherstände zu den jeweiligen Monaten 80 und 90 Prozent betragen. "Als das kalkuliert wurde, lag der Gaspreis bei einem Niveau von 80 bis 85 Euro für die Megawattstunde." Dies sei allerdings passiert, bevor der Gasfluss durch die Pipeline Nord Stream 1 reduziert wurde. Derzeit liegt der Preis bei rund 130 Euro pro Megawattstunde.


Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/ank/brb

(END) Dow Jones Newswires

July 05, 2022 07:26 ET (11:26 GMT)