Berlin (Reuters) - Die deutsche Industrie hat ihr Wachstum zu Beginn der zweiten Jahreshälfte trotz anhaltender Lieferengpässe beschleunigt.

Der Einkaufsmanagerindex legte im Juli um 0,8 auf 65,9 Punkte zu, wie das Institut IHS Markit am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter Hunderten Unternehmen mitteilte. Das ist der drittbeste Wert seit Beginn der Umfrage 1996. Das Barometer signalisiert ab 50 ein Wachstum. "Stärkere Zuwächse beim Auftragseingang und bei der Beschäftigung beflügelten die Industrie", sagte Markit-Ökonom Trevor Balchin.

Die Auftragsbestände wuchsen diesmal in Rekordtempo. Anhaltende Sorgen wegen der wackligen Versorgung mit wichtigen Materialien wie Chips drückten zugleich den Geschäftsausblick auf den niedrigsten Wert seit Ende 2020. "Die Vorlaufzeiten der Zulieferer verlängerten sich auch im Juli wieder erheblich", sagte Balchin. "Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass der Höhepunkt der Lieferengpässe hinter uns liegt, denn die Verzögerungen fielen so niedrig aus wie seit fünf Monaten nicht mehr."

"GEFAHR FÜR DEN AUFSCHWUNG"

Fast zwei Drittel der deutschen Industriebetriebe klagen dem Ifo-Institut zufolge über Engpässe und Problemen bei Vorlieferungen. Von April bis Juli stieg der Anteil der betroffenen Unternehmen von 45 auf 63,8 Prozent, wie aus der vierteljährlichen Umfrage der Münchner Forscher hervorgeht. "Bereits im Vorquartal meldeten die Unternehmen einen Rekordwert, dieser wurde nochmals deutlich übertroffen", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Das könnte zu einer Gefahr für den Aufschwung werden." Die Knappheit bei Halbleitern und Chips macht sich insbesondere bei den Herstellern elektrischer Ausrüstungen bemerkbar (84,4 Prozent) sowie bei den Autobauern und ihren Zulieferern (83,4 Prozent).

Auch in der Euro-Zone insgesamt läuft es für die Industrie gut. Zwar fiel der Einkaufsmanagerindex im Juli um 0,6 um auf 62,8 Punkte. Das Barometer hielt sich aber klar über der Wachstumsschwelle von 50. "Die Tatsache, dass sich das Wachstum nach dem Rekord im zweiten Quartal 2021 leicht abgekühlt hat, sollte an sich noch kein Grund zur Sorge sein", sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. "Die Juli-Umfrage lieferte jedoch auch weitere Anzeichen dafür, dass die Unternehmen und ihre Zulieferer Schwierigkeiten haben, die Produktion schnell genug zu steigern, um die Nachfrage zu befriedigen, was die Preise immer weiter in die Höhe treibt." Die Neuaufträge würden die Produktion in einem Ausmaß übersteigen, wie es in der 24-jährigen Umfragegeschichte noch nie vorgekommen sei. "Die Indikatoren für Kapazitätsengpässe leuchten weiterhin rot" sagte Williamson.