DRESDEN/CHEMNITZ (dpa-AFX) - Chemnitz wird Standort eines nationalen Wasserstoffzentrums. Die sächsische Stadt bekommt den Zuschlag zusammen mit den Städten Duisburg (Nordrhein-Westfalen) und Pfeffenhausen (Bayern) sowie einem Konsortium in Norddeutschland, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Sachsens Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) am Donnerstag mitteilten. Bis Ende 2024 stehen bis zu 290 Millionen Euro für die Standorte des Innovations- und Technologiezentrum Wasserstoff (ITZ) zur Verfügung.

Das Netz werde über ganz Deutschland gespannt, so Scheuer. Die unterschiedlichen Standorte sollen jeweils zu verschiedenen Schwerpunkten forschen und unterschiedliche Bedürfnisse der Industrie aufgreifen. In Chemnitz liegt Fokus auf Wasserstoffanwendungen für Straße und Schiene sowie auf dem Aufbau einer wettbewerbsfähigen Zulieferindustrie. Scheuer bezeichnete Chemnitz als "Diamanten" - bis zu 60 Millionen Euro sollen in die sächsische Stadt fließen. Für den Standort in Pfeffenhausen sind den Angaben zufolge bis zu 100 Millionen Euro geplant.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von einem "Riesenerfolg" für Chemnitz und ganz Sachsen. "Chemnitz hat einmal mehr gezeigt, was für eine unglaubliche Innovationskraft und Kreativität hier vorhanden ist."

Chemnitz war mit dem Konzept eines "Hydrogen and Mobility Innovation Center" (HIC) angetreten. Hinter dem HIC steht ein Bündnis aus Forschungseinrichtungen, Universitäten, Unternehmen, Politik und Verbänden, die TU Chemnitz und Dresden, die Fraunhofer-Gesellschaft, der Innovationscluster "HZwo - Antrieb für Sachsen". Entstehen soll das Wasserstoffzentrum auf dem Chemnitzer Technologie-Campus Süd.

Geplant sind der Aufbau eines Fahrzeuglabors, ein Wasserstoff-Zertifizierungszentrum sowie Prüfstände für Brennstoffzellen sowie ein Experience Lab auf internationalem Niveau.

Ursprünglich war das ITZ für einen Standort vorgesehen. Chemnitz setzte sich gegen 15 Mitbewerber durch und schaffte es in die finale Auswahlrunde. Eigentlich sollte die Entscheidung bereits in der vergangenen Woche verkündet werden, wurde aber verschoben.

Die Chemnitzer hatten für ihr Projekt ein Volumen von rund 95 Millionen Euro angemeldet, sagte der "HZwo"-Vorsitzender und Initiator der Bewerbung, Thomas von Unwerth. Gerade der Bau von Prüf- und Testanlagen für Standardisierung Normierung von Wasserstoffanwendungen sei teuer und aufwendig. Durch die Aufteilung auf mehrere Standorte und weniger finanzielle Mittel als erhofft, lasse sich das für Chemnitz plante Projekt nicht "mit allen Facetten" umsetzen, so von Unwerth. Dafür werde man nun eng mit den anderen Standorte zusammenarbeiten.

Die Mittel seien um Drittel gekürzt worden, um die Interessen der CSU zu bedienen, kritisierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller aus Chemnitz. "Scheuer hat die Mittelvergabe an die drei Standorte und die Verteilung der Forschungsschwerpunkte zugunsten des bayrischen Mitbewerbers verschoben", so der Vorwurf.

Dennoch überwiegen die positiven Reaktionen: Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sieht im Ausbau der Wasserstofftechnologie die Chance auf einen "Vorsprung Ost". Das Chemnitzer Forschungszentrum soll Unternehmen helfen, "saubere und bezahlbare Antriebslösungen" zu entwickeln, testen und zeitnah auf den Markt zu bringen. Energieminister Wolfram Günther (Grüne) bezeichnete Wasserstoff als "Schlüssel für Energiewende und Dekarbonisierung". Staatskanzleichef Schenk kündigte unterdessen Unterstützung des Freistaates an und verwies darauf, dass Sachsen bereits acht Millionen Euro für die Wasserstoff-Forschung zur Verfügung gestellt habe./raz/DP/mis