HAMBURG (dpa-AFX) - Die CDU hat Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) aufgefordert, der Bürgerschaft zum Umgang mit der in den Cum-Ex-Skandal verstrickten Warburg Bank Rede und Antwort zu stehen. Wenn die SPD es mit der versprochenen vollständigen Aufklärung ernst meine, müsse Tschentscher am kommenden Freitag zur Sondersitzung des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft erscheinen, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering am Montag.

"Vollumfängliche Aufklärung ist nur möglich, wenn der damals verantwortliche Finanzsenator auch zur Verfügung steht." Die SPD hatte die Teilnahme Tschentschers, der von 2011 bis 2018 Finanzsenator unter Bürgermeister Olaf Scholz war, bereits abgelehnt.

Bei den Cum-Ex-Geschäften handele es sich um "den größten Steuerbetrug in der deutschen Geschichte". Es sei ein Schlag ins Gesicht aller ehrlichen Steuerzahler, "dass Hamburg dort auf einen hohen Millionenbetrag verzichtet hat", sagte Thering. "Bisher konnte noch niemand glaubhaft erklären, warum alle anderen Bundesländer die Steuern noch eingetrieben haben, aber Hamburg das Ganze hat verjähren lassen, und - wenn das Bundesministerium nicht eingegriffen hätte - auch noch weitere Millionenbeträge verloren gegangen wären."

Dies könne nur mithilfe Tschentschers komplett und lückenlos aufgeklärt werden, unterstrich der CDU-Fraktionsvorsitzende. Es helfe wenig, "wenn Andreas Dressel als heutiger Finanzsenator dort auftritt und vielleicht allgemein etwas sagen kann, aber in den ganzen Vorgängen überhaupt nicht drin war." Ob die CDU im Falle des Nichterscheinens Tschentschers einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss anstrebe, ließ Thering offen. Über das weitere Vorgehen werde zeitnah nach der Sondersitzung am Freitag entschieden.

Die SPD hatte bereits am vergangenen Freitag einer Ladung des Bürgermeisters vor den Ausschuss eine Absage erteilt. Tschentscher habe mehrfach deutlich gemacht, in seiner Zeit als Finanzsenator keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Finanzämter genommen zu haben, sagte der SPD-Haushaltsexperte Milan Pein.

Neue Recherchen der Wochenzeitung "Die Zeit", der "Süddeutschen Zeitung" und des NDR-Magazins "Panorama" hatten ergeben, dass es 2016 zwei weitere Treffen des damaligen Bürgermeisters und heutigen Bundesfinanzministers und SPD-Kanzlerkandidaten Scholz mit dem Mitinhaber der Hamburger der Warburg Bank, Christian Olearius, gegeben hatte. Gegen die Bank und Olearius liefen zu der Zeit Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Der Bank drohte eine hohe Steuernachzahlung wegen ihrer Verwicklung in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte.

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividenden-Stichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden./fi/DP/men