BERLIN (dpa-AFX) - Der Menschenrechtsausschuss des Bundestags empfängt an diesem Montag den Repräsentanten Taiwans in Berlin, Jhy-Wey Shieh, in den Räumen des Parlaments. Zu dem Treffen sollen auch die taiwanesische Digitalministerin Audrey Tang sowie zwei stellvertretende Minister aus der taiwanischen Hauptstadt Taipeh per Video zugeschaltet werden. Die Ausschussvorsitzende Gyde Jensen (FDP) sagte der Deutschen-Presse Agentur, das Treffen ersetze eine für Ende September geplante Reise von Ausschussmitgliedern nach Taipeh, die wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden musste.

Offizielle Kontakte von Regierungsmitgliedern oder Abgeordneten westlicher Staaten mit Taiwan haben in der Vergangenheit mehrfach Proteste der chinesischen Führung ausgelöst. Ende August hatte der chinesische Außenminister Wang Yi eine Reise des tschechischen Parlamentariers Milos Vystrcil nach Taiwan mit einer Drohung quittiert. Vystrcil werde für sein "kurzsichtiges Verhalten" einen "hohen Preis" zahlen müssen, sagte Wang Yi.

Der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, hatte im September in einem dpa-Interview deutlich gemacht, dass China auch Kontakten deutscher Parlamentarier zu Taiwan kritisch gegenüberstehe. Auf die Frage, wie er auf eine Reise deutscher Parlamentarier nach Taipeh reagieren würde, sagte er: "Wir lehnen jeden offiziellen Kontakt mit Taiwan ab."

China sieht das demokratische Taiwan, das sich 1949 vom Festland abspaltete, als abtrünnige Provinz und nicht als unabhängigen Staat an und versucht es international zu isolieren.

Hauptthema der Veranstaltung im Ausschussgebäude des Bundestags sind Menschenrechte im digitalen Zeitalter. "Wir werden aber natürlich auch besprechen, welche Auswirkungen das nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong für Taiwan nach sich zieht", sagte Jensen.

Das Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Hongkongs demokratische Opposition geht davon aus, dass das Gesetz auf sie abzielt. "Taiwan zeigt, dass chinesische Kultur mit sozialer Marktwirtschaft, mit Demokratie, Menschenrechten und Freiheit vereinbar ist. Das möchten wir mit unserer Veranstaltung deutlich machen", sagte Jensen.

Die Grünen-Politikerin Margarete Bause hält Gespräche mit hochrangigen Vertretern Taiwans gerade jetzt für wichtig, da die Volksrepublik China ihr "Säbelrasseln in der Region" verstärke. "Das brutale Vorgehen Pekings in Hongkong muss uns ein warnendes Beispiel sein. Umso mehr braucht Taiwan den Beistand der Staaten, die den Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten verpflichtet sind", sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion der dpa.

Deutschland hat keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, sieht die südlich des chinesischen Festlands gelegen Insel aber als wichtigen "Wertepartner" und pflegt die wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen dorthin./mfi/DP/zb