Frankfurt (Reuters) - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel spricht sich aufgrund der Gefahr überschießender Inflationserwartungen für weitere entschlossene Zinsschritte der EZB aus

. "Das Risiko einer Entankerung der langfristigen Inflationserwartungen bleibt hoch", sagte Nagel am Montag auf einer Veranstaltung in Berlin laut Redetext. Währungshüter sprechen von Entankerung, wenn die Inflationserwartungen nicht mehr im Einklang mit ihrem Inflationsziel stehen. "Vor diesem Hintergrund ist klar: Weitere entschlossene Maßnahmen sind erforderlich, um die Inflationsrate auf zwei Prozent in der mittleren Frist zu bringen", sagte Nagel. Die nächste Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) ist für den 27. Oktober anberaumt.

Die Inflationsrate im Währungsgebiet lag angefeuert durch die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs im August auf dem Rekordniveau von 9,1 Prozent. Volkswirte gehen davon aus, dass sie im September noch weiter angestiegen ist auf 9,6 Prozent. Das mittelfristige Inflationsziel der EZB von zwei Prozent würde damit noch weiter in die Ferne rücken. Die Euro-Wächter leiteten im Kampf gegen den anhaltenden Preisschub im Juli die Zinswende ein. Anfang September erhöhten sie die Zinsen zum zweiten Mal, und zwar ungewöhnlich stark um 0,75 Prozentpunkte. Der Leitzins liegt damit inzwischen bei 1,25 Prozent, der Einlagensatz bei 0,75 Prozent.

Wie deutlich die weiteren Zinsschritte ausfielen, hänge von der Konjunkturentwicklung und den Erfordernissen zum jeweiligen Zeitpunkt ab, führte Nagel aus. "Je länger die Inflation hoch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass die längerfristigen Inflationserwartungen deutlich ansteigen." Damit würde sich dann auch die hohe Inflation verfestigen, warnte er. Dies müsse der EZB-Rat verhindern. Für Notenbanken ist es Ökonomen zufolge ein schwieriger Prozess, Inflationserwartungen wieder einzufangen, sollten sie erst einmal aus dem Ruder gelaufen sein.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)