Bitcoin auf Rekordjagd, Marktkommentar von Alex Wehnert
Frankfurt (ots) - Die Krypto-Bullen blasen wieder zur Rekordjagd. Am Freitag
kletterte Bitcoin auf der Handelsplattform Bitstamp erstmals seit Mitte April
wieder auf knapp 60000 Dollar - seit Ende Juli gerechnet verdoppelte sie damit
ihren Wert. Hintergrund für die Kurszuwächse, die im laufenden Monat noch einmal
deutlich an Fahrt gewonnen haben, ist die Hoffnung auf eine Zulassung für
Exchange Traded Funds (ETFs) auf Bitcoin in den Vereinigten Staaten.

Der US-Börsenaufsicht SEC liegen mehrere entsprechende Anträge vor. Hatte sie
Bitcoin-ETFs in der Vergangenheit stets abgeschmettert, hält sich bei den
Marktteilnehmern seit Anfang Oktober der Optimismus, dass es diesmal anders
kommt. Denn die nun vorliegenden Anträge beziehen sich im Gegensatz zu früheren
Anläufen auf Futures-basierte ETFs. Der SEC-Vorsitzende Gary Gensler hatte
zuletzt seine Unterstützung für solche Produkte signalisiert, da er sich von
diesen einen höheren Anlegerschutz als von direkt in Bitcoin investierenden
Fonds verspricht.

Am Freitag machten erneut Berichte die Runde, laut denen eine SEC-Freigabe für
Bitcoin-ETFs kurz bevorsteht. Krypto-Bullen setzen nun darauf, dass dies dem
Markt für Cyberdevisen gewaltige Mittelzuflüsse bescheren wird, da sich
Mainstream-Investoren durch die Existenz regulierter Finanzprodukte in bewährter
Form vermehrt zum Einstieg bewegen lassen dürften.

Die Belastungsfaktoren der vergangenen Monate sind damit offenbar aus dem
Blickfeld der Krypto-Investoren verschwunden. Insbesondere die intensivierte
Regulierungskampagne Chinas gegen die Cyberdevisen hatte entscheidend zu der
Bitcoin-Talfahrt zwischen Anfang Mai und Ende Juli beigetragen. Nachdem Peking
im Frühsommer bereits einen Bann gegen Krypto-Mining ausgesprochen hatte,
kündigte die People's Bank of China im September an, dass sie künftig
sämtliche
Transaktionen in Cyberdevisen als illegale Aktivitäten behandeln werde.

Zunächst sorgten die Währungshüter damit für Kursrücksetzer, inzwischen
haben
die Krypto-Bullen der Kampagne aus dem Reich der Mitte aber einen positiven Spin
verpasst. Durch die Abwanderung der Krypto-Branche aus China steige die
Transparenz im Markt, auch in Bezug auf die Herkunft des genutzten Stroms. Eine
verbesserte Energiebilanz gilt als entscheidend für ein größeres Engagement
institutioneller Investoren in der Krypto-Sphäre.

Möglicherweise ist die Argumentation in Bezug auf China stichhaltig, noch lässt
sich das nicht sicher sagen. An ihr wird jedenfalls die selektive Sicht der
Krypto-Bullen auf ihre favorisierte Assetklasse deutlich, infolge deren Probleme
ins Gegenteil verdreht oder mit dem Verweis abmoderiert werden, dass es im
klassischen Finanzsystem noch schlechter laufe - insbesondere in Bezug auf den
Energieverbrauch ist das ein gerne genutztes Argument.

Derweil führen auch nur möglich erscheinende Positivereignisse relativ zu
anderen Assetklassen häufig zu überproportionalen Kursanstiegen, am Kryptomarkt
herrscht weiterhin stetige Irrationalität. Diese wird auch anhand der
ETF-Spekulationen offenbar. Denn die Hoffnung auf eine SEC-Zulassung hat auch
die Funding-Raten für Terminkontrakte auf die Kryptowährung in die Höhe
schnellen lassen. Dabei handelt es sich um periodische Zahlungen zwischen
Tradern, die sich aus der Abweichung zwischen Preis des Futures und dem
Marktpreis einer Kryptowährung ergeben. Wenn der Future-Kurs über dem Spotpreis
liegt, ist die Funding-Rate positiv - long positionierte Trader zahlen also an
solche mit Short-Positionen. Je höher die Funding-Rate, desto teurer wird es,
Long-Positionen offen zu halten. Auf der Plattform Binance hat sie laut dem
Datenanalyseanbieter Bybt 5 Prozent erreicht, Ende September waren es noch 1,9
Prozent. Auf anderen Plattformen fällt der Anstieg noch weitaus stärker aus -
ein Zeichen für die irrational bullishe Einstellung der Trader.

Natürlich würde eine Zulassung für Bitcoin-ETFs eine Validierung der
Kryptowährungen darstellen, im Mainstream angekommen wären sie damit aber nicht.
Denn die Nachhaltigkeitsproblematik ist aus Sicht institutioneller Investoren
noch lange nicht vom Tisch. Davon abgesehen würde ein Futures-basierter ETF
nicht die direkte Bitcoin-Exposition bieten, die sich Krypto-Bullen eigentlich
gewünscht haben. Und sollte eine Zulassung wider Erwarten ausbleiben, dürfte die
Enttäuschung groß sein. Bei vergangenen Rückschlägen am Kryptomarkt hat
sich
gezeigt, dass erste Kursverluste weitere Rücksetzer bedingen. So folgte auch auf
die Rekordjagd bis Ende April eine monatelange Talfahrt.

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